Dichter und Krieg III

Einer weniger. Peter Handke hat seinen Austritt aus der katholischen Kirche bekanntgegeben. Weil der Papst "in seiner Osterbotschaft am 12. Tag des Krieges gegen Jugoslawien den 'Bruderkrieg', aber nicht den Allrohrüberfall der NATO gegen ein kleines Land" verurteilte, verabschiedet sich der Schriftsteller aus der Kirche: "Krieg, ahoi, Christ und (!) Mensch guten Willens." Auch zum Kreis der Büchner-Preisträger will er nicht länger gehören. "Andere Kleinigkeit: Das Preisgeld für den mir 1973 gegebenen Büchnerpreis gebe ich an die Deutsche Akademie zurück (zum Glück waren's damals nur 10 000 DM); 'symbolisch', so wie es, laut den westwestlichen Medien, das Zurückschlagen der Nato im Herzen Belgrads ist, 'unvermeidlich', wie, laut fast aller Welt, der Krieg der 'Welt' gegen Jugoslawien; um meine 'Glaubwürdigkeit' nicht zu verlieren. Einem jeden seine Glaubwürdigkeit."

Keinen Zahlungseingang auf dem Konto der Akademie für Sprache und Dichtung konnte indes Christian Meier, der Präsident der Akademie, bis Freitagmorgen verzeichnen. Daran, daß Handke seine Ankündigung ernst meint, hat er allerdings keinen Zweifel. Diese Entscheidung tue ihm "zwar irgendwie leid", auch sei nicht klar, was der Büchner-Preis mit dem Nato-Bombardement zu tun hat. Die Worte, mit denen Handke die Serben in Schutz nahm, klangen für Meier aber so, als ob dort der "Messias per Hubschrauber einflöge".

Auf Kritik an der schlechten Performance verzichtet Adolf Muschg und gehört zu den wenigen, die Handkes Positionen politisch diskutieren wollen. Gegen die Schnellverurteilung wandte der Schweizer Autor und Büchner-Preisträger ein: "Wer, was nichts kostet, den Unsinn von Handkes Aktionen feststellt, wird höflich gebeten zu sagen: a) worin er, ohne schamrot zu werden, heute noch den Sinn des Nato-Bombardements zu erkennen vermag und b) wieviel Mühe er sich gemacht hat, Handkes Gedanken zum Bestand des früheren Jugoslawien gewissenhaft nachzudenken." Wer sich dies nicht erspare, habe wohl ganz andere Sorgen, "als gegen einen - jedenfalls der Verzweiflung immer noch fähigen - Schriftsteller recht zu behalten".