Peter Handke als Heimatschriftsteller

Werbien für Serbien

Falls die Nato demnächst in den Kosovo-Konflikt eingreift und Bomben auf Serbien abwirft, könnten diese auch ein recht prominentes Haupt treffen: den österreichischen Dichter Peter Handke. Schon im Sommer vergangenen Jahres kündigte Handke in einem Interview mit dem serbischen Fernsehen an, er werde in Serbien ausharren, wenn die "Nato-Verbrecher das Land bombardieren". Beinahe wäre dieses Versprechen in Vergessenheit geraten, doch Handke wiederholte es vor drei Wochen im Spiegel.

Globetrotter-Ambitionen verspürte der schon seit Jahrzehnten bei Paris lebende gebürtige Kärntner bereits 1995. Damals begann Handkes Werbefeldzug mit einer Reportage seiner "Winterlichen Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina" und einem noch etwas phlegmatisch gehaltenen Appell, Serbien Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Drei Jahre später ist Handkes lyrischer Sinn für die Schönheiten des Landes in trotzige Verklärung des Regimes und seiner Politik umgeschlagen. Im Gespräch mit dem serbischen Staatsfunk dilettierte der hartnäckig für ein softes Serbien-Image kämpfende Schriftsteller mit einer erschreckend ahistorischen Analyse: "Was man den Serben antut, ist das schlimmste Verbrechen in unserem Jahrhundert. Was man mit den Juden gemacht hat, dafür gab es noch Kategorien. Was man mit den Serben tut, ist unvergleichlich."

Den Serben zum Trost widmete er ihnen ein Theaterstück, das am 9. Juni im Wiener Burgtheater uraufgeführt werden soll: "Die Fahrt im Einbaum oder das Stück zum Film vom Krieg", so der gewohnt umständliche Titel. Schauplatz ist ein Hotel in Bosnien, wo ein amerikanischer und ein spanischer Regisseur einen Film über den Balkankrieg planen. Handke greift damit die antiserbische Propaganda in westlichen Medien an und stellt jedes Kriegsverbrechen von serbischer Seite als Produkt medialen Erfindungsgeistes hin: So läßt er einen Bosnier sagen: "Ich war nacheinander Amateurfunker in drei Enklaven, erst der einen, dann der anderen, dann der dritten Kriegsseite. Jedesmal kam ich mit einem meiner Funksprüche in die Weltnachrichten, und alle drei stehen inzwischen längst als Fakten in den Geschichtsbüchern. Die Phantasie an die Macht! Außerdem wurde mir ein Arm abgerissen - aber nein, das war mein Vater, und das war in einem anderen Krieg, und außerdem wurden mir die Hoden abgebissen - aber nein, das war der Nachbarssohn."

Für Handke ist der Krieg am Balkan nur das Produkt medialer Sensationslüsternheit, erdacht, um Serbien den Garaus zu machen und die Nato-Verbrecher eingreifen zu lassen. Ganz konkret spielt der Autor auf tatsächliche Ereignisse im Balkankrieg an. Wenn er über die Nato-Verbrechen und die Fehler deutscher und österreichischer Außenpolitik spricht, können ihm viele folgen. Leider aber ist Handke blind gegenüber der nationalistischen Politik des Milosevic-Regimes.

So viel Heimatliebe wird natürlich belohnt: Belgrad dankte es dem Autor mit Literaturpreisen, und wenn Handke und Claus Peymann im Mai eine Lese-Tour durch Jugoslawien machen, sind dem Dichter weitere Ovationen der Literaturliebhaber um Milosevic sicher.

Die Doppelrolle als Hofnarr und Heimatdichter scheint Handke zu liegen: Gegenüber dem ORF kündigte er an, für den Rest seines Lebens nur noch dem serbischen Fernsehen Interviews geben zu wollen. Milosevic wird seine Freude haben.