Alexa Hennig von Lange: "Relax", ein Floproman

Denise, schenk mir diese Nacht

"Seine Muskeln beben, seine heißen Lippen berühren mein Gesicht, sein Atem ist tief und heftig. Meine Finger krallen sich in seinen Rücken und reißen tiefe, blutige Furchen zwischen seine Schulterblätter. Er liegt ganz schwer und beschützend auf meinem gierigen Körper. Ich spüre seinen Schwanz in meiner Muschi, und wir sind zu Einem verschmolzen."

Was wie "Janine, schenk mir diese eine Nacht" klingt, ist ein Auszug aus dem Debüt-Roman "Relax" von Alexa Hennig von Lange. Es geht um Drogen, Party und vor allem um viel Sex. Dabei findet der nur in der Vorstellung statt, und selbst "rattern" (Selbst-be-frie-di-gung, wie die Autorin der Zeit buchstabierte) klappt nicht, weil die "Jungs" auftauchen oder man völlig zugedröhnt ist. Chris hängt das ganze Wochenende mit seinen Kumpels, den "Jungs", ab, klappert die angesagtesten Clubs ab, nimmt natürlich nur hippe Drogen und gibt sich wiedermal die Kante. "Original! Ich bin komplett stoned!"

Derweil wartet seine "Kleine" brav zu Hause und quatscht mit ihrer Freundin Barb über das Frau-Sein: "Warten, warten. Ehrlich. Das ist die Aufgabe der Frau der 90er." Manchmal, wenn es ihr zu langweilig wird, holt sie Harald, ihren Vibrator, heraus, wischt den Staub und was sonst noch dran klebt an der Bettdecke ab und macht es sich selbst. Oder sie geht einkaufen und führt so sinnige Gespräche wie: "Tach!" - "Ja bitte?" - "Ich hätte gern ein Sonnenblumenbrot!" - "Sonst noch was?" - "Nö, danke!"

Zum Schlafen und Duschen kommt Chris dann doch noch mal vorbei, aber mit dem Ficken wird's nichts mehr, denn Chris hat es sich "komplett gegeben". "Ich will ficken!" ruft die Freundin verzweifelt. Weshalb hat sie auch die ganze Zeit gewartet, wenn es nicht mal ein Betthupferl gibt. Nichts zu machen. Sie fummelt noch ein bißchen rum, aber er schläft ein. "Und da soll ich locker bleiben!"

"Relax" schildert das Aneinandervorbeileben an einem Wochenende einmal aus männlicher, einmal aus weiblicher Perspektive. Das ist nichts Neues. Vor ein paar Jahren haben die Öffentlich-Rechtlichen versucht, Einschaltquoten zu sichern und der Zapp-Mentalität beizukommen, indem auf ARD und ZDF der gleiche Krimi lief - Täter und Opfer auf zwei Programmen. Das war ein ziemlicher Flop, und seitdem wird gnadenlos weiter gezappt.

Aus dem Fernsehen hat sich die 25jährige Autorin aber wohl ihre Inspiration geholt, schließlich hat sie schon für die Daily-Soap "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" die Story-Lines geschrieben und widmet ihren ersten Roman einer 400-Kanal-TV-Generation. Kurze, fetzige Dialoge, in denen abwechselnd die Wörter "echt" und "original" verwendet werden, und schnelle Schnitte im Erzählfluß sollen dem Text Geschwindigkeit geben und über das Geplapper hinwegtäuschen.

Um Sex geht es zwar reichlich und viel. Mit "Liebe, Sex und Zärtlichkeit" der Bravo ist man aber besser beraten. Und die Darstellung einer unreifen Beziehung, in der keiner genau weiß, was los ist und worum es eigentlich geht, hat es auch schon zuhauf gegeben. Damals noch nicht in poppigen, bunten Covern, sondern hellblau, mit rosa Schriftzug. Dieser literarische Vorläufer der deutschen Seifenoper hieß nicht "Relax", sondern "Denise" und ist in dem lauten Geschrei der Neunziger vergessen worden. Schade eigentlich.

Alexa Hennig von Lange: Relax. Rogner & Bernhard, Hamburg 1998, 310 S., DM 25