F.S.K. sind noch da

Flexible Response

Mit Blick auf die bald zwei Dekaden währende Bandgeschichte läßt sichfesthalten: Auf F.S.K. ist immer in sofern Verlaß gewesen, als auf sie kein Verlaß ist. Das Rolemodel war das der "unsicheren Kantonisten", mit denen die Linke, als es sie noch gab, wenig anzufangen wußte. "F.S.K.? Das ist doch diese Gymnasiumband (Ö), die wollen auch so schlau und Kunst sein", rekapituliert Goldene Zitronen-Schorsch Kamerun in einer Grußadresse fürs Booklet der 1995er Kompilation "Bei Alfred" die Ressentiments aufrechter Hamburger Punks.

Die Linke gibt es nicht mehr, F.S.K. gibt es immer noch. Das heißt nicht, daß F.S.K. nicht auch Linke sind. Ohne ein dezidiert linkes oder studentisch-linkes Referenzsystem wäre ein Großteil der Texte, auch der Musik, unverständlich. Das heißt nicht, daß F.S.K. schlauer waren als die Restlinke - nur vielleicht in einem darwinistischen Sinne besser an ihre natürliche Umgebung angepaßt, die nun einmal Deutschland, genauer: Süddeutschland ist.

Der Masterplan hinter dem voltenreichen Werdegang der Band könnte flexible response heißen und schließt ein, nicht mit dem alternativen Mainstream gegen Kernkraftwerke zu kämpfen, sondern erst mal "Ja zur modernen Welt" zu sagen und auf vermeintliche Nebenschauplätze auszuweichen, die sich im historischen Verlauf als kulturelle Krisenherde zeigen. So spürten F.S.K. bereits mit kuriosem Interesse den deutsch-amerikanischen "Luftwurzeln" nach und ironisierten dabei die Vorstellung von kultureller Authentizität, als für die übrige Linke die Frage der nationalen Identität noch ein blinder Fleck war. Die Frage "Warum kann ein Mann nicht lesbisch sein?" taucht in dem Song "1 + 1 = 3" von 1995 auf, zeitgleich mit den frühen US-Ausläufern der Gender Studies in Deutschland.

Daß F.S.K. neben ihrer eindeutigen Haltung zum "schlechtesten Land der Welt", Deutschland, sehr viel Wert auf lokale Strukturen legen, geht als Vorwurf nicht durch. Erstens muß man das, wogegen man ist, genau kennen. Zweitens braucht man gerade dort, wo es einem am wenigsten gefällt, Verbündete. Die haben F.S.K. für die Studioarbeit an ihrer neuen Platte "Tel Aviv" vor der Haustür gefunden: in Weilheim, wo mit Bands wie The Notwist seit ein paar Jahren eine eigenwillige, von Jazz und Metal inspirierte Elektronikmusik gemacht wird. Das Resultat hat denn auch einiges vom Sound of Weilheim: untanzbare Elektro-Tanzmusik mit vielen Geräusch-Samples.

Die Vermutung, daß es peinlich werden könnte, wenn F.S.K. sich jetzt, reichlich spät, einen antiken Yamaha DX 7-Sampler zulegen und auf Elektronik machen, unterschlägt das Potential der Band, Stile zu assimilieren und zu einem hybriden Dritten zu verschmelzen. Daß die Musik diesmal "gänzlich unironisch und unstrategisch" sei, wie der Waschzettel behauptet, stimmt natürlich nicht - das würde voraussetzen, daß man eine Hawaii-Gitarre unironisch einsetzen kann. Vielleicht kann man sich darauf verständigen, daß es sich um eine mildere Form der Ironie handelt, die nurmehr als Spurenelement auftaucht. Ebenso der Text, der durch seine radikale Verknappung Aufmerksamkeit beanspruchen kann. Etwa wenn in "Ich als Text" - ebenfalls mild ironisch - das postmoderne Pathos imitiert wird, das eine derzeit erstaunlich erfolgreiche Hamburger Band an den Tag legt. Um es kurz zu machen: "Tel Aviv" klingt keineswegs nach "Music for Airports", genauso wenig aber nach Musik gegen Flughäfen oder Innenstadtanlagen, auch wenn eines der schönsten Stücke, "Taunus Anlage", eben diesen Mißstand gnadenlos anprangert.

F.S.K.: Tel Aviv. Sub Up Records 1998