Don't Mention the War II

Michael Naumann ist neuerdings schwer um die "Bewußtseinspflege der deutschen Geschichte" bemüht. Hatte er sich noch vor Amtsantritt gegen ein Mahnmal in Berlin und für eine finanzielle Bezuschussung der KZ-Gedenkstätten ausgesprochen, wandelte sich der Staatskulturminister inzwischen zum entschlossenen Verfechter eines zentralen Mahnmals in Berlin. Und Naumann packt auch selbst mit an, erst jüngst hat er gemeinsam mit dem US-amerikanischen Architekten Peter Eisenman den modifizierten Entwurf für ein Mahnmal mit angeschlossenem Museum gebastelt. Steven Spielbergs Shoah-Foundation und das New Yorker Leo-Baeck-Institut haben bereits erklärt, daß sie an diesem Projekt mitarbeiten werden. Beide Institutionen wollen Teile ihrer Bestände nach Berlin verlagern.

Jetzt soll nach Vorstellungen von Naumann nochmal kräftig nachgelegt werden. Aus den Archiven der Länder und dem Bundesarchiv sollen Akten, die den Holocaust betreffen, nach Berlin geholt werden. "Es gibt in Deutschland eine Fülle von Archivunterlagen zur Verbrechensgeschichte des Dritten Reiches, die ich alles in allem auf eine Länge von mindestens 30 Kilometern schätze", erklärte Naumann. Diese Bestände möchte er in der geplanten Holocaust-Gedenkstätte "konzentrieren", um dort "ein zentrales Forschungszentrum für die Geschichte des NS-Terrors" einzurichten.

"Wie wäre es mit Bahnanschluß und Rampe?" fragte die Berliner Zeitung und titelte: "Endlösung der Archivfrage". Bis die 30 Kilometer Akten in der Hauptstadt angelangt sind, dürfte es aber noch etwas dauern, zumal sich die Ausschreiber des Wettbewerbs für ein Holocaust-Mahnmal noch nicht auf einen Entwurf geeinigt haben. Naumann aber ist dennoch fest entschlossen. Obwohl das Bundesarchivgesetz vorschreibt, daß das Bundesarchiv und die Archive der Länder für die Verwahrung der Akten zuständig sind, hält er die "Konzentrierung" nach geltendem Recht für möglich. Und wenn nicht, wird das Gesetz eben geändert.