Eintags-Königin

Kaum war die 22jährige Lejla Sehovic am letzten Freitag zur Miss Croatia gewählt worden, kam es auch schon zu ersten Protesten der Zuschauer, die auf keinen Fall wollten, daß eine Moslemin demnächst als schönste Frau Kroatiens das Land vertreten darf. Knapp zwölf Stunden später wurde Sehovic deshalb von der Jury der Miss-Wahlen offiziell disqualifiziert. Milan Seckovic, einer der Organisatoren, begündete dies auf einer offiziellen Pressekonferenz am Samstag jedoch nicht mit der Religionszugehörigkeit Sehovics, sondern mit "Irrtümern bei der Arbeit der Jury und einem unvollständigen Stimmzettel". Weiter erklärte er: "Wir haben dies alles erst jetzt herausgefunden, denn während des Wettbewerbs hatten wir keine Zeit dazu, es ging alles so schnell und wurde obendrein vom Fernsehen übertragen." Die Vorwürfe von Journalisten wies Seckovic "energisch" zurück und beteuerte, daß Sehovics Religion nichts mit ihrer Absetzung zu tun habe. Er verlange jedoch, daß sie ihre Krone nun unverzüglich der zweitplazierten Nicht-Moslemin Ivana Petkovic übergeben solle. Seine weitere Erklärung, in der es darum ging, daß drei frühere Schönheitsköniginnen, die ebenfalls in der Jury saßen, "kein Recht dazu hatten, Sehovic die volle Punktzahl zu geben", führte zu lauten Buh-Rufen bei den Pressevertretern.

Lejla Sehovic, die ohne Einladung ebenfalls an der Pressekonferenz teilnahm, kündigte an, ihre Krone auf keinen Fall an die Zweitplazierte übergeben zu wollen und Präsident Franjo Tudjman und verschiedene Menschenrechtsgruppen um Hilfe zu bitten. "Natürlich habe ich so etwas erwartet", erklärte Sehovic, deren Familie vor ihrer Geburt von Sarajevo nach Dubrovnik zog. "Niemand hatte ernsthaft mit meinem Sieg gerechnet. Dabei sollte meine Religion doch eigentlich nicht wichtig sein, ich bin schließlich Bürgerin Kroatiens. Vielleicht sollten die Organisatoren in Zukunft Nationalität als einziges Kriterium setzen."