Veranstaltungsort mit Fußball-Platz

Am geplanten Neubau des Schalker Stadions wird sich auch Leo Kirch beteiligen

Der sportliche Höhenflug von Schalke 04 hat den entscheidenden Anstoß gegeben, der Konkurrenz auch auf wirtschaftlicher Ebene etwas entgegenzusetzten. In Gelsenkirchen nehmen die Pläne für ein neues Stadion langsam Gestalt an.

Vorbild ist die zur Zeit modernste Arena der Welt in Amsterdam. Die Schalker machen damit dem Trendsetter Bayern München Konkurrenz, dessen Manager Uli Hoeneß sie zum schärfsten Konkurrenten in der aktuellen Meisterschaft hochgelobt hat. Daß der FC Schalke 04 aber noch vor dem Deutschen Meister ein Stadion für das "nächste Jahrtausend" fertigstellt, ist dem erfolgsverwöhnten Hoeneß nicht in den Sinn gekommen.

Dabei liegen die Pläne für die Arena 2000 seit längerem in den Schalker Schubladen. Schon unter Präsident Günter Eichberg träumte man in Gelsenkirchen von einer rosigen Zukunft. "Am Anfang war die Vision. Die Idealvorstellung nämlich, Sport- und Kulturveranstaltungen in architektonisch reizvollem Ambiente durchzuführen und dennoch zum Nutzen aller profitabel zu wirtschaften": Die Arena sollte zum 90jährigen Jubiläum des Vereins 1994 eröffnet werden. Mit dem unrühmlichen Abgang Eichbergs verschwand jedoch auch das Vorhaben zunächst. Durch den Gewinn des Uefa-Cups 1997 wurden die Pläne für das Stadion aktualisiert. Die überdachte Arena wird 51 800 Sitzplätze haben, die Umwandlung eines Teils der Sitz- in Stehplätze erhöht das Fassungsvermögen auf 58 300 Besucher bei nationalen Begegnungen. 64 VIP-Logen mit 700 Plätzen und etwa 2 000 "Business Seats" garantieren ein ungestörtes Fußballvergnügen abseits der tobenden Fans . Für die Besucher auf den "besseren Plätzen" sind außerdem Büro- und Konferenzräume vorgesehen. Ein Rehabilitationszentrum für Leistungssportler, ein interaktives Fußballmuseum und mehrere Fernsehstudios wurden außerdem eingeplant. Denn in der ARENA, die mit einem Schiebedach geschlossen werden kann und deren Rasen sich herausfahren läßt, soll nicht nur Fußball gespielt werden. Zur Durchführung der geplanten etwa 20 anderen Veranstaltungen im Jahr gründete Schalke 04 extra eine Betreibergesellschaft.

Denn das neue Stadion wird teuer: Die Gesamtkosten des Projektes belaufen sich auf 350 Millionen Mark, der Verein benötigt Fremdkapital in Höhe von 225 Millionen Mark. Damit dies gelingt, wird das Land NRW eine Bürgschaft von 180 Millionen Mark übernehmen. Die jährlich anfallenden Zinszahlungen in Höhe von etwa 30 Millionen Mark sollen aus der Bundesliga (22 Millionen), sonstigen Fußballbegegnungen (drei Millionen) und dem Kulturprogramm (vier Millionen) erwirtschaftet werden.

In seltener Harmonie haben die drei Fraktionen im Gelsenkirchener Stadtrat dem Verkauf des Baugrundstücks neben dem Parkstadion an Schalke 04 zugestimmt. Die SPD etwa verspricht sich von dem neuen Stadion einen "Kristallisationspunkt" des Wandels im Revier. "Mit der Arena wird der Strukturwandel mit dem Zukunftsmarkt Medien nun ein weiteres Standbein erhalten", glauben die Genossen.

Für den liberalen Ex-Minister Jürgen Möllemann, Mitglied im Verwaltungsrat des Clubs, ist Schalke 04 ohnehin nur ein Medien- und Unterhaltungskonzern, der auch Fußball anbietet. Um dieses Produkt besser zu vermarkten, brachte er seinen Geschäftspartner Leo Kirch bei Schalke ins Gespräch. Kirch soll sich an den Kosten des Stadions beteiligen und darf im Gegenzug die Marketing- und Fernsehrechte verwerten. Das ist für alle Beteiligten von großem Interesse, da das Bundesverwaltungsgericht noch in diesem Jahr über die zentrale Vermarktung von Europacupspielen durch den DFB entscheidet. Bislang können auch die unbedeutendsten Vereine noch ungefähr eine Million Mark Fernsehgelder bekommen, da der DFB die Gelder verteilt. Mit der Einzelvermarktung wäre das "Solidaritätsprinzip" am Ende - für die Spitzenclubs eröffnen sich neue Einnahmequellen. Sollten zum Beispiel 8 Millionen Zuschauer das Uefa-Cup-Spiel zwischen Schalke 04 und SC Braga im Pay-TV für 10 Mark einschalten, hätten die Knappen an einem Abend mehr Einnahmen aus dem Fernsehgeschäft erzielt, als sie derzeit in einer ganzen Saison mit Bundesligaspielen verdienen. Manager Rudi Assauer hat sich eigentlich immer für die Beibehaltung der bisherigen Regelung ausgesprochen, "sonst bleiben irgendwann drei, vier gute Mannschaften übrig, der Rest wäre Schrott." - aber auch im Fußball gilt: "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern".

Mit der Arena nun erhöht sich der Druck auf den Verein, mehr Geld zu erwirtschaften, um die Zinszahlungen aufzubringen. Die Fans im Stadion, auf den Sitz- wie auf den Stehplätzen, spielen bei der Kalkulation eine immer geringere Rolle. Wie weit das gehen kann, zeigt das Beispiel Hertha BSC, wo die Bertelsmanntochter Ufa die Fäden in der Hand hält. Nicht der Trainer oderder Vorstand entscheiden über die Aufstellung oder Neueinkäufe, sondern der Aufsichtsratsvorsitzende der Ufa. Der Fußball wird immer stärker zum Teil der Medienbranche, das nächste Projekt wird der Gang an die Börse sein. "Das Interesse an Fußball ist enorm gestiegen, da wollen jetzt alle reindrängen" erklärte Schalke-Manager Rudi Assauer - aber Fußball ist gerade im Ruhrgebiet mehr als ein hochwertiges Produkt gelungenen Entertainments. Die Schalker Fans, die lange auf ein reines Fußballstadion gewartet haben, werden kaum Verständnis für ein Medienspektakel aufbringen, bei dem sie im Abseits stehen.