Schröder wird Filmstar

Burkhard Driest, ein irgendwie anders- und seltsambegabter Schauspieler und Autor, fiel bisher zwar alle zwei, drei Jahre unangenehm auf, hielt aber in der Zwischenzeit und solange die Geldnot nicht allzu schwer drückte, rücksichtsvoll den Rand. Nun ist es wieder soweit. In der Hoffnung, seine grausige Talkshow-"Satire" sei glücklich vergessen, will er nun ein hochbrisantes Drehbuch geschrieben haben. Man munkelt, es könne die nächste Bundestagswahl entscheiden.

Die Story geht, dem Spiegel zufolge, ungefähr so: Georg Becker, ein Ministerpräsident aus der Provinz (das ist Gerhard Schröder, gespielt von Götz George), möchte Bundeskanzler werden. Als sein Konkurrent Fidelius von Grimm (Lafontaine/Heiner Lauterbach) auf einem Sonderparteitag den Vorsitzenden Harald Ahlke (Scharping/Harry Piel) stürzt und von der deutschen Sozialdemokratie (das ist der Neoliberalismus, gespielt von Herbert Feuerstein) zu ihrem Kanzlerkandidaten gewählt wird, verläßt Becker enttäuscht seine Frau Gundula (Hillu/Julia Roberts) und verliebt sich in die Journalistin Claudia Kerner (Dodo/Witta Pohl). Die junge Liebe gibt Becker neuen Mut. Zwar gelingt es ihm, von Grimm mit persönlichen Angriffen ("frankophiler Hurenbock", "Rotlicht-Bonaparte") zum Verzicht auf die Kandidatur zu zwingen, doch hat er das taktische Geschick des ewigen und unbesiegbaren Kanzlers Böhm (Kohl/Millowitsch) unterschätzt, der Beckers Ehebruch von der Boulevardpresse (Leo Kirch/Boris Karloff) zum Wahlkampfthema erheben läßt. Da bringt Becker, auch nicht dumm, eine Rentnerin über die Straße und deportiert eigenhändig zweitausend kriminelle Ausländer nach Madagaskar. Ein Erdrutschsieg (zum ersten Mal: Jan Ullrich) macht ihn zum Bundeskanzler. The End.

So wollte es jedenfalls die vorläufige Fassung des Drehbuchs, die der wirkliche Schröder noch "witzig" fand. Driests Freund jedoch, der Regisseur Holger Schöndoof (Volker Schlöndorff as himself) weiß, daß "Politik sich nur als Thriller verkauft". Deshalb riet er Driest zu einer Variante: "Claudia Kerner schlüpft nun", wie der Spiegel formuliert, "aus ihrer Eindimensionalität in eine Doppelrolle". Sie ist im Hauptberuf - nein, nicht Günter Wallraff, der sich in die Redaktion eines modernen Nachrichtenmagazins eingeschlichen hat, sondern die Mossad-Agentin Lea Teichmann, die Becker im Auftrag des Finanzjudentums liquidieren soll. Vom Euro nämlich verspricht man sich in der Wall Street riesige Spekulationsgewinne, ein Kanzler Becker aber würde die harte Deutschmark retten. "Doch Claudias Liebe zu Becker läßt sie ihren Auftrag vergessen." So zieht sie aus Eifersucht, nicht aus Zionismus, ihre Pistole, als der Kandidat zu Gundulas schmackhaftem Tofudinkel zurückkehren will. Claudia wird von Bodyguards erschossen, und Becker wird Kanzler. The End.

Das ist zweifellos der Stoff, aus dem Bernd Eichinger Bundesfilmpreise macht. Ein weiteres deutsches Meisterwerk, das zu verpassen man auf gar keinen Fall versäumen dürfte, wäre zu befürchten, wüchse nicht unversehens das Rettende auch: Weil gewisse Ähnlichkeiten mit lebenden Personen womöglich justitiabel sind, findet Driest keinen Produzenten. und so bleibt zu hoffen, daß dieser Dreck ihm zwar in den Spiegel hilft, aber auf keine Leinwand.