Platte Buch: »Keine Termine«, das Solo­album von Fritzi Ernst

Lakonische Reime

»Alle wollen was erleben / Ich könnt’ mich übergeben / Ich leg’ mich lieber wieder hin, zieh’ die Decke bis zum Kinn / Um zu spür’n, dass ich am Leben bin«, singt Fritzi Ernst in »Keine Termine«, der Eröffnung ihres gleichnamigen ersten Soloalbums. Sie spricht aus persönlicher Erfahrung. Ernst war ein Teil des Indiepop-Duos Schnipo Schranke, bis dieses sich 2019 im Streit auflöste. Danach litt sie an Depressionen: »Alle treffen sich mit Leuten / Ich geh’ nur raus zum Therapeuten«. Auch musikalisch erinnert dieser Song stark an ihre Band.

Aber es ist ein Abgesang. Nach dem forschen ersten Song werden die Lieder nämlich deutlich ruhiger: Minimalistischer Indiepop, in dem das Klavier das prägende Instrument ist. Passenderweise hat Ernst seit der Auflösung von Schnipo Schranke eine Ausbildung zur Klavierbauerin ­gemacht. Doch dieser Minimalismus funktioniert nicht immer, trotz einiger Abwechslungen klingt das Album insgesamt etwas monoton. Aber vielleicht soll das sogar so: »Ich liebe die Routine / Jeden Tag keine Termine«.

Thematisch bleibt Ernst den Depressionen und Versagensängsten treu: »Erster Schultag, letzte Bank / Meine Nerven liegen blank / Dreißig Gören starren mich an / Bin mit Name-Sagen dran / Ich lös’ mich auf in kaltem Schweiß / Meine Augen werden weiß«, heißt es in »Trauerkloß«. So ehrlich hat wohl noch niemand über den ersten Schultag gesungen – und es klingt wie bei Rolf Zuckowski. »Was’ denn los, Trauerkloß? / Mir missfällt hier alles bloß / Ich war doch immer brav, Mama / Darf ich zurück in meine Schlafkammer?« So viel Witz hat nicht jeder Song, aber die lakonischen Reime sind Programm.

Auch wenn Ernsts Debüt nicht gänzlich mit der Trennung von Schnipo Schranke versöhnen kann, ist es ein besserer Versuch als der ihrer ehemaligen Partnerin Daniela Reis, die bereits im vergangenen Jahr ihr Album »Stabil labil« herausbrachte. Dort singt Reis zusammen mit ihrem Ehemann »Ente« Schulz unter dem Bandnamen Ducks on Drugs über die vermeintlichen Freuden des Ehelebens. Keine Frage, nach der Trennung von Schnipo Schranke ist Fritzi Ernst die Gewinnerin.

Fritzi Ernst: Keine Termine (Bitte Freimachen)