Boris Luries verstörender ­Roman »Haus von Anita« erscheint auf Deutsch

Danke, Hitler

Der Holocaust als pornographische Collage: Boris Lurie beschäftigt sich in dem jetzt erstmals auf Deutsch erschienenen Roman »Haus von Anita« auf schockierende Art mit seinen Erfahrungen im Konzentrationslager.

Bittere Ironie und der Zynismus der Wirklichkeit kennzeichnen Boris ­Luries künstlerische Arbeit. Seinen 2019 publizierten Erinnerungen an Riga, die bislang nur auf Englisch vorliegen, ist ein wegweisendes Zitat vorangestellt: »Ich danke dir, Adolf Hitler, mich zu dem gemacht zu haben, der ich bin, und für all die fruchtbaren Stunden, die ich in ­deiner Gewalt verbrachte, für alle kostbaren Lektionen, die ich aufgrund deiner Weisheit erhielt, für alle tragischen Momente, schwebend zwischen Leben und Tod.«

»Meine Sympathie ist mit der Maus, doch ich füttere die Katze.« Boris Lurie

Lurie wurde 1924 in Leningrad geboren, wuchs jedoch im lettischen Riga auf. Der Vater, Ilja Lurie, ein erfolgreicher Kaufmann, hatte seine Geschäfte in der Sowjetunion nicht weiter betreiben können und war mit der Familie nach Riga gegangen, als Boris ein Jahr alt war. Von Riga aus versorgte er die Rote Armee mit Leder und anderen Gütern. Boris und seine Schwestern Asya und Jeanna erlebten eine behütete Kindheit in einer säkularen jüdischen Familie.

Boris Lurie engagierte sich in einer linkszionistischen Jugendorganisation und entwickelte graphische Entwürfe für linke Verlage. Als die Wehrmacht im Sommer 1941 Riga besetzte, begann die Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Die Familie Luries wurde in das Rigaer Ghetto gezwungen und von dort auf verschiedene Lager verteilt. Knapp vier Jahre verbrachten Boris und sein Vater im Arbeitsghetto und in mehreren Konzentrationslagern, bis zu ihrer Befreiung aus einem Außenlager des KZ Buchenwald in den Polte-Werken in Magdeburg durch US-amerikanische Truppen.

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