Nachrichten

Umzingelt im Revier

Manchmal werden die Jäger zu Gejagten. Am Donnerstag vergangener Woche wurden 29 Beamte der Policía Nacional Civil (PNC) als Geiseln genommen. Knapp 1 500 Bauern umzingelten im Anschluss an eine Kundgebung das Polizeirevier im Küstenort Livingston, entwaffneten die Polizisten und verschleppten sie in das weit abgelegene Dorf Maya Creek. Die Bauern versuchten so, die rechtliche Anerkennung der von ihnen seit zehn Jahren besetzten Ländereien zu veranlassen. Hauptsächlich sollte jedoch Ramiro Choc, einer der lokalen Anführer der Bauernbewegung, freigepresst werden. Choc war bereits am 14. Februar verhaftet worden. Unter anderem werden ihm illegale Landnahme privaten wie staatlichen Besitzes und schwerer Raub vorgeworfen.

Der Konflikt um die Landverteilung war maßgeblicher Auslöser des 36 Jahre andauernden Bürgerkriegs, der 1996 mit einem Friedensvertrag beendet wurde. Doch eine tiefgreifende Landre­form blieb aus, noch immer kontrollieren weniger als zwei Prozent der Bevölkerung über 56 Prozent des bebaubaren Bodens. Häufig helfen die Bauern sich selbst und besetzen ungenutzte oder von Großgrundbesitzern beanspruchte Ländereien.

Nach Verhandlungen unter Aufsicht der staatlichen Menschenrechtsbehörde PDH wurden die Polizisten, unter ihnen mehrere Offiziere, bereits am folgenden Tag wieder freigelassen. Sechs Mitglieder der Bauernorganisationen und der Bürgermeister von Livingston reisten noch am Freitagabend in die Hauptstadt, um mit der Regierung über die Lösung des Konflikts zu beraten. Die Regierung versprach, den Anspruch der Farmer auf das von ihnen bewirtschaftete Land zu legalisieren. Präsident Álvaro Colon betonte jedoch, dass nicht die Regierung über die Freilassung Chocs zu entscheiden habe, sondern der Oberste Gerichtshof. lb

Freizeit für Kumpel

Erdbeben. Das Saarland erzittert. Vor allem die ansässige Steinkohleindustrie. Dem stärksten durch die Kohleförderung ausgelösten Erdbeben folgte am Samstag prompt der vorläufige Abbaustopp. Die Erschütterungen von 4,0 auf der Richterskala hatten im Großraum um das Fördergebiet Primsmulde über 100 Gebäude teilweise schwer beschädigt. Ministerpräsident Peter Müller (CDU) meint, die »neue Qualität« der Beben sei »mit einem sozialverträglichen Abbaustopp nicht mehr zu vereinbaren«. Also ab sofort sozialunverträglich. Ein Problem für die 3 600 vorläufig freigestellten Kumpel der Betreiberfirma RAG erkennt er dennoch nicht. Es gebe ja genügend andere Jobs im Saarland, sagte Müller zuversichtlich. lb

Arbeit ist das halbe Leben

Italien. Zwei Monate nach dem Großbrand im Turiner Stahlwerk von Thyssen-Krupp, der sieben Arbeiter das Leben kostete, hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die Unternehmensleitung abgeschlossen. Dem Vorstandsvorsitzenden von Thyssen-Krupp Italien, Harald Espenhahn, sowie fünf anderen für Sicherheitsfragen zuständigen Managern wird fahrlässige Tötung, fahrlässige Brandstiftung und bewusste Missachtung von Sicherheitsstandards vorgeworfen. Noch nie sind in Italien nach einem »Arbeitsunfall« so schwere Vorwürfe gegen die Leitung eines Unternehmens formuliert worden. Wann es zum Prozess kommen wird, ist noch nicht bekannt. fm

Kein Brot? Kuchen essen!

Uno. Eine düstere Prognose lieferte am Montag die Verantwortliche des Lebensmittelprogramms der UN, Josette Sheeran. Auf BBC erwähnte sie, dass die Hilfslieferungen in Kürze rationiert oder sogar eingestellt werden müssten. Grund für die prekäre Lage seien Finanzkürzungen sowie die im vorigen Jahr um über 40 Prozent gestiegenen Lebensmittelpreise. Die Lage sei bedenklich. »In einigen Entwicklungsländern sind die Preise für Grundnahrungsmittel um 80 Prozent gestiegen.« Immer mehr Familien müssten ihre Gesundheitsversorgung und Bildung stark vernachlässigen, um sich ernähren zu können. lb

Weiterfideln bis Obama

Der neue Staatsrat in Kuba, den die »Nationale Versammlung der Volksmacht« am Sonntag bestimmte, hat 31 Mitglieder. Fidel Castro ist nicht mehr darunter. Er fehlte auch bei der Versammlung der 614 Abgeordneten in Havanna. Ein halbe Minute stehende Ovationen gab es trotzdem für den 81jährigen Revoluzzer, das ist vergleichsweise wenig für einen Mann, der früher gerne schon mal achtstündige Reden hielt und die nationale Symbolfigur Kubas schlechthin ist. Offenbar hat man sich in Kuba bereits auf die Zeit nach Castro eingestellt. Allzu große politische Änderungen werden unter dem neuen Präsidenten Raúl Castro sowieso nicht erwartet. Von den sechs Stellvertretern gilt nur einer, Carlos Lage, als »reformfreudig«, ansonsten stehen vor allem gestandene Kampfgefährten Fidels aus alten Tagen an der Staatsspitze. Raúl Castro selbst hat sich allerdings für Reformen auf wirtschaftlichem Gebiet ausgesprochen. Letztlich aber konzentrieren sich die Hoffnungen vieler Kubaner ohnehin weniger auf die eigene Staatsführung als auf Barack Obama. fs