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Protest gegen die Guerilla

Die Idee, gegen die kolumbianische Guerillagruppe Farc zu demonstrieren, hatten ursprünglich einige Studenten, die auf der Webseite Facebook kommunizierten. Doch bald übernahm die Regierung die Führung, sie rief zur Teilnahme an der Demonstration auf. Am Montag blieben die Schulen und Behörden geschlossen, die meisten Unternehmen gaben ihren Beschäftigten frei. 1,2 Millionen Menschen beteiligten sich nach der Schätzung Samuel Rojas, des Bürgermeisters von Bogotá, an dem Protestmarsch. Sie forderten ein »Ende der Entführungen« und die Freilassung der von der Farc gefangen gehaltenen Geiseln. Auch in anderen Städten Kolumbiens und im Ausland wurde demonstriert, die Behörden gaben die Gesamtzahl der Teilnehmer mit 4,8 Millionen an.

Zwei der etwa 700 Gefangenen der Farc kamen kürzlich frei, doch die Verhandlungen über weitere Entassungen, in die sich der venezolanische Präsident Hugo Chávez als Vermittler eingeschaltet hat, verlaufen schleppend. Die Farc fordert die Schaffung einer entmilitarisierten Zone und die Freigabe von 500 inhaftierten Guerilleros. Die Angehörigen vieler Geiseln befürchten, die Demonstration werde weitere Verhandlungen eher erschweren. »Wir verurteilen diese Manipulation. Es ist Propaganda, die vorgibt, sich gegen die Farc zu richten, aber komplett von der Regierung organisiert wurde«, sagte Astrid Betancourt, die Schwester der entführten Ingrid Betancourt. Kritisiert wurde auch, dass die Demonstration sich allein gegen die Farc richtete, nicht aber gegen die rechtsextremen Paramilitärs, die Verbindungen zu Regierungspolitikern haben. Präsident Alvaro Uribe feierte dennoch seinen Erfolg: »Die Bürger haben heute mehr Vertrauen in den Staat, sie haben mehr Vertrauen in die Ar­mee.« js

Heute hier, morgen dort

Saisonarbeit. Deutscher Wein jetzt noch deutscher! Immer weniger Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter aus dem Ausland fingern an den reifen Trauben an Rhein und Mosel herum. So meldete etwa die Agentur für Arbeit in Trier einen Rückgang bei den Erntehelfern im Weinbau und in der Landwirtschaft der Region von 17 Prozent im vergangenen Jahr. Die Gründe sind banal: In anderen Ländern lässt sich heutzutage mehr verdienen, und in einigen Herkunftsländern der früheren Saisonarbeiter und ‑arbeiterinnen wie Polen und Rumänien hat sich die wirtschaftliche Lage verbessert. In Deutschland zu arbeiten ist keineswegs mehr besonders attraktiv. gs

Vergleichende Kriegsgeschichte

Polen. Der russische Nato-Botschafter, Dmitri Rogosin, versteht es, in offenen Wunden zu bohren. Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski hatte in den USA vergangene Woche u.a. eine Zusage der Regierung zur Modernisierung der Luftverteidigung erhalten, auch zum Schutz gegen russische Angriffe. Die USA planen zudem in dem Land ein Raketenabwehrsystem vor allem gegen iranische Angriffe. Rogosin warnte nun am Sonntag: »Versuche, in Polen eine Konfrontationslinie zu ziehen, endeten bisher immer tragisch – wie im Zweiten Weltkrieg, als das Land fast jeden dritten Einwohner verlor.« ke

Jagd auf Rambo

Myanmar. Seinen wohl letzten Einsatz als »Rambo« absolviert der 61jährige Sylvester Stallone in Myanmar. Zum Unwillen des Militärregimes, dessen Fahnder nun nach DVD-Kopien von »Rambo IV« suchen. Im Gegensatz zu den Filmkritikern erfreuen sich die Einwohner Myanmars am rabiaten Vorgehen Rambos. Zumal es im wirklichen Leben nicht vorangeht mit den nach der Niederschlagung der Proteste im September vergangenen Jahres versprochenen Reformen. Die Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi sei »nicht zufrieden mit den Treffen mit der Junta«, sagte Nyan Win, Sprecher ihrer Partei NLC. Ihr Verhandlungspartner Aung Kyi bestehe darauf, dass die Regierung zunächst ihre eigene »Road Map zur Demokratie« fer­tig­stellt. js

Bezahltes Lesen

In der kleinen, 3 300 Einwohner beherbergenden spanischen Gemeinde Noblejas, 50 Kilometer von Toledo entfernt, wird derzeit ein Pilotprojekt gestartet, dass Problemschülern in einer angemessenen Weise begegnet. »Hast du mal ’n Euro?« wird künftig kein Kind in Noblejas mehr fragen. Denn für jede Stunde, die Grundschulkinder lesend in der Bibliothek verbringen, erhalten sie vom Bürgermeister Agustín Jimenez Crespo einen Euro.

Der seit 25 Jahren amtierende Bürgermeister der Sozialistischen Partei wählte diesen reizvollen Köder, um etwas gegen die Quote von 80 Prozent Schulabbrechern in Noblejas zu unternehmen. Ein Beispiel, das Schule machen könnte: Seit vergangener Woche ist die Bibliothek der »Nuestra Senora de los Desamparados«-Schule in Noblejas (unser Bild) gut besucht. Auch die hiesige Bundesagentur für Arbeit könnte sich an diesem Beispiel orientieren und künftig ihre Ein Euro-Jobber dafür bezahlen, dass sie mal was Ordentliches machen, nämlich lesen. da