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In Dimona gelang palästinensischen Terroristen am Montag erstmals seit einem Jahr wieder ein Selbstmordanschlag auf israelischem Territorium. Die Tatsache, dass der Anschlag zehn Kilometer entfernt von der sagenumwobenen israelischen Atomanlage stattfand, trieb die Medien zu der skurrilen Frage, ob er womöglich dieser Anlage galt. »Atomreaktor als Ziel?«, titelte Bild-Online, »Attentat in der Atom-Stadt« die Süddeutsche Zeitung, die Zeit und das Handelsblatt bemühten ebenfalls das Wort »Atomstadt« für ihre Berichterstattung. Auch die meisten anderen Medien verzichteten nicht auf den Hinweis, dass sich in der südisraelischen Wüstenstadt ja auch ein »Atomkraftwerk« befinde. Abgesehen davon, dass bei einer Anlage, die keinen Strom produziert, kaum von einem Kraft­werk gesprochen werden kann, und dass, selbst wenn in der geheimen Anlage Atomwaffen produziert oder gelagert wurden oder werden, Dimona deshalb noch lange keine »Atomstadt« ist, ist der Hinweis auf die Anlage im Zusammenhang mit dem Anschlag zynisch.

Ein Einkaufszentrum war es, vor dem sich ein palästinensischer Selbstmordattentäter in die Luft sprengte und eine 73jährige Frau direkt tötete und ein Dutzend Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzte. Ein zweiter Attentäter kam nicht dazu, seinen Spreng­stoffgürtel zu zünden, da er selbst bei der ersten Detonation verletzt wurde. Wie bei den täglichen Raketensalven auf Sderot war das einzige Ziel auch dieses Attentats, möglichst viele ganz normale israelische Bürger umzubringen. Nicht einmal die palästinensischen Terrorgruppen, von denen sich gleich drei zu dem Anschlag bekannten (die zur Fatah gehörenden al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden, die »linke« PFLP und später auch die Hamas), waren auf die Idee gekommen, den Anschlag mit einer Kritik an der angeblichen Atommacht Israel zu verknüpfen. Das fiel erst den Medien ein.

Als eine Reaktion auf die vorübergehende Schließung der Grenzen zum Gaza-Streifen bezeichnete vielmehr einer der Mörder in einem Bekennervideo die Tat. In Gaza war der Jubel riesig. Kinder verteilten im Namen der Fatah Blumen und Süßigkeiten als Zeichen der Freude. Milizionäre der Hamas schossen triumphierend in die Luft. Die offenbar aus Gaza stammenden Attentäter sollen über Ägypten nach Israel eingesickert sein. ib