151 000

»Die Schätzung der Zahl der Todesopfer in Konfliktsituationen ist extrem schwierig«, warnte der WHO-Mitarbeiter Mohammed Ali bei der Vorstellung des Berichts über den Irak in der vergangenen Woche. Die Weltgesundheitsorganisation gibt daher auf der Grundlage der Befragung von fast 10 000 Haushalten eine minimale und eine maximale Zahl der Todesopfer an, aus denen dann der Mittelwert gebildet wird. Dem Bericht zufolge starben zwischen dem Einmarsch der US-Truppen im März 2003 und dem Juni 2006 151 000 Irakis durch Gewalt.

Die gemeinsam mit der irakischen Regierung durchgeführte Befragung ist die bislang umfassendste. Die Zahl der Todesopfer ist seit langem umstritten. Während die US-Regierung das Thema meidet, bezieht sich die Friedensbewegung meist auf eine im Oktober 2006 in der Zeitschrift Lancet veröffentlichte Untersuchung. in dieser wurde, ebenfalls basierend auf Haushaltsbefragungen, die Zahl der Toten auf 650 000 geschätzt. Die Diskrepanz zwischen dieser Zahl, angeblich in fast allen Fällen belegt durch Todesurkunden, und den um etwa 90 Prozent niedrigeren Angaben in offiziellen Statistiken sei jedoch nur erklärlich durch »Inkompetenz und/oder Betrug irakischer Beamter in großem Ausmaß (…), perfekt koordiniert seit Beginn der Besatzung«, kritisierte Iraq Body Count (IBC). Die der Friedensbewegung nahestehende britisch-amerikanische NGO zählte, gestützt auf Berichte von Medien, NGO, Kranken- und Leichenschauhäusern, in der vom WHO-Bericht erfassten Zeit knapp 50 000 zivile Tote. Der WHO-Bericht unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kombattanten. Auch wer die Verantwortung für die gewaltsamen Todesfälle trägt, wurde nicht untersucht. Diese Frage wird bei der anklagenden Präsentation der Opferzahlen gerne übersehen. Dem Lancet-Bericht zufolge sind die von den USA geführten Koalitionstruppen für 31 Prozent, nach Schätzungen von IBC für die Jahre 2003 bis 2005 für 37 Prozent der Todesopfer verantwortlich. Rund zwei Drittel der Irakis wurden demnach von Milizionären, Selbstmordattentätern und Kriminellen getötet. js