Nachrichten

Zuviel Müll

Neapel versinkt im Müll. In der Stadt türmen sich schätzungsweise 4 500 Tonnen Müll in den Straßen, in der gesamten Region Kampanien sollen es 100 000 Tonnen Abfall sein, die seit Ende vergangenen Jahres nicht mehr eingesammelt worden sind. Denn der Region mangelt es an einem Entsorgungskonzept. Seit 1997 besitzt Kampanien keine Mülldeponie mehr. Von den seit mehr als zehn Jahren geplanten Müllverbrennungsanlagen soll im nächsten Jahr die erste fertig werden. Als Notlösung sollte die vor elf Jahren stillgelegte Deponie Pianura am Stadtrand von Neapel wiedereröffnet werden. Doch aus Angst vor Gesundheitsschäden widersetzen sich die Anwohner diesen Plänen und versperrten tagelang die Zufahrt zur Deponie. Als die Polizei versuchte, die Blockade aufzuheben, kam es am Wochenende zu gewaltsamen Ausschreitungen.

Neapels Müll ist längst zum Politikum geworden. Die Abfallkrise »schädigt das Ansehen Italiens«, meint Ministerpräsident Romano Prodi, überdies drohen EU-Strafen wegen des Verstoßes gegen Umweltschutzrichtlinien. Prodi erklärte die Müllkrise zum nationalen Notfall und ließ die Armee den Müll vor Schulen beseitigen, um deren vorübergehende Schließung zu verhindern. Die Krise zu räumen, dürfte der Regierung schwer fallen. Fast zwei Milliarden Euro stellte sie in den vergangenen 14 Jahren für die Müllentsorgung in Kampanien bereit, doch ein Großteil des Geldes floss in die Taschen von Unternehmern, korrupten Bürokraten und organisierten Kriminellen. Nach dem Drogenschmuggel ist das Geschäft mit der Müllentsorgung zur wichtigsten Einnahmequelle der Camorra geworden. Sie verdient Milliardensummen mit Mülltransporten und illegalem Sondermüll und hat daher wenig Interesse an einer Lösung des Problems. ak

Doppelt hält besser

Trend zum Zweitjob? Nein, immer mehr Menschen brauchen einen zweiten Job zum Überleben. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) meldete, dass 750 000 Männer und Frauen mehr als vor vier Jahren doppelt beschäftig seien. Annelie Buntenbach, Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds, erklärte, das Geld aus dem Hauptjob reiche dem größten Teil der Doppeljobber nicht aus. Eine Sprecherin der BA wollte aber nicht beurteilen, ob der zweite Job immer sein müsse. »Was dem einen ausreicht, reicht dem anderen nicht unbedingt.« Stimmt, nachgewiesenermaßen geben sich viele der Doppeljobber auch erst mit 60 Stunden Arbeit pro Woche zufrieden. eb

Unter Verdacht

Georgien. Für Demokratie und gegen Wahlbetrug war während der so genannten Rosenrevolution gekämpft worden. Vier Jahre später behauptet die Opposition nun, dass es auch bei der Präsidentschaftswahl am Samstag nicht rechtmäßig zugegangen sei. Nur steht diesmal einer der damaligen Revolutionäre unter Verdacht: Michail Saakaschwili hat die Wahl mit 53 Prozent der Stimmen gewonnen. Die Opposition beschuldigt seine Anhänger, Wahlurnen gestohlen und Unterstützer zur mehrfachen Stimmabgabe angehalten zu haben. Der OSZE zufolge ist die Wahl allerdings weitgehend fair verlaufen. Unter der Führung von Saakaschwili hatten Demonstranten 2003 das Parlamentsgebäude gestürmt. ke

Offiziell gemacht

Sri Lanka. Die srilankische Regierung hat den Waffenstillstand mit den tamilischen Befreiungstigern (LTTE) am Mittwoch voriger Woche offiziell aufgekündigt, da er durch die ausufernde Gewalt gegenstandslos geworden sei. Zuvor war es zu einem Sprengstoffanschlag auf einen Armeebus gekommen, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen und 28 verletzt wurden. Die Regierung fordert, die LTTE solle die Waffen niederlegen und Verhandlungen beginnen. Der Waffenstillstand war 2002 in Kraft getreten, wird jedoch seit fast zwei Jahren von keiner der beiden Konfliktparteien beachtet. ak

Mehr Durchblick

In Liverpool findet am 27. Januar die jährliche Gedenkfeier zum National Holocaust Memorial Day unter dem Motto: »Imagine … Remember, Reflect, React« statt. Ein bekannter Sohn der Stadt, John Lennon, hat auch mal »Imagine … « gesungen. Dabei trug er eine große runde Brille. Seine geliebte Yoko Ono hat jetzt dem Projekt »RESPECTacles« ihre Brille (Foto) vermacht. Vom 21. bis 26. Januar wird »RESPECTacles« im Rathaus von Liverpool allerlei Brillen (spectacles) zu einem Kunstwerk zusammengefasst präsentieren. Dieses Gebilde soll an das »berühmte Foto« erinnern, auf dem ein Berg kaputter Brillen von KZ-Häftlingen zu sehen ist. Das Projekt, das jeden dazu aufruft, seine »abgelegte« Brille zu spenden, will vor allem Jugendliche zu mehr »Respekt« vor »Andersartigkeit« inspirieren und nicht nur an vergangenes Leid, sondern auch an derzeitiges erinnern. Die Brillen werden nach dem Ende der Ausstellung von der Organisation Vision Aid Overseas an Bedürftige in Entwicklungsländern verschenkt. Was aber Sehbehinderte mit Holocaust-Opfern gemeinsam haben, lassen die Initiatoren des Projekts nicht durchblicken. da