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Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse! Bleiben Sie ruhig! Selbst wenn Sie Kleinkinder haben und in der Nähe eines Atomkraftwerks wohnen: Lassen Sie sich nicht aufhetzen! Einen guten Arzt, der sich auf die Behandlung von Blutkrebs bei Kleinkindern spe­zialisiert hat, sollten Sie sich vielleicht dennoch suchen.

Denn das Deutsche Kinderkrebsregister kommt in der Studie »Kinderkrebs um Kernkraftwerke« zu einem brisanten Ergebnis: In der schnittig mit »KiKK« abgekürzten Untersuchung wird festgestellt, dass das Risiko, an Leukämie zu erkranken, für Kinder unter fünf Jahren, die in einem Umkreis von fünf Kilometern um ein Kernkraftwerk leben, um 120 Prozent höher ist als bei Kin­dern außerhalb dieses Bereichs. Die Rate anderer Krebs­erkran­kungen liegt um 60 Prozent höher.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hatte die Studie in Auftrag gegeben. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) handelte nach der Veröffentlichung der Ergebnisse umgehend: Die Studie solle unverzüglich von der Strahlenschutzkommission überprüft werden. Sie habe zwar den statistischen Zusammenhang zwischen der Nähe zu Kernkraftwerken und der Häufigkeit der Krebserkrankungen festgestellt. Nach wissenschaftlichem Kenntnisstand könne der beobachtete Anstieg aber nicht mit der Strahlenbelastung aus einem Atomkraftwerk erklärt werden, sagte Gabriel.

Auch der bayerische Umweltminister Otmar Bernhard (CSU), in dessen Amtsbereich das Kraftwerk in Grundremmingen wiederholt wegen sich häufender Krebserkrankungen in die Schlagzeilen geraten war, mahnte eine gründliche Prüfung der Ergebnis­se an. Katherina Reiche, die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion, vermutete, dass die Studie dazu diene, »Antipathien gegen Kernkraftwerke zu schüren«. Angelika Brunk­horst, die Sprecherin für Reaktorsicherheit der FDP-Bundestagsfraktion, warnte davor, die Debatte über die Atomkraft »in schäbiger Weise« anzuheizen. Und solange die Studie überprüft wird, könnte der Bundestag vielleicht einen Paragraphen verabschieden, der Atomkraftwerke vor Diskriminierung schützt. Sicher ist sicher. mst