Gas gegen Clochards

von jana brenner

Georges Mothron hatte zeitlebens zwei Probleme in seiner Stadt Argenteuil: die Kommunisten und die Obdachlosen. Problem Nummer eins löste er bereits im Jahr 2001. Da wurde er Bürgermeister des Ortes bei Paris mit 100 000 Einwohnern. Zuvor hatte dort über 60 Jah­re lang die Kommunis­tische Partei Frank­reichs regiert. Ein Jahr nach seiner Wahl nahm Mothron auch noch dem früheren Vorsitzenden der kommunistischen Partei das Parlamentsmandat weg. Seitdem kümmert sich der 59jährige Konservative verstärkt um Problem Nummer zwei.

Regelmäßig erlässt er Dekrete gegen »Bettelei«. Aber die Obdach­losen der Stadt, 15 an der Zahl, wollen einfach nicht verschwinden. »Dann haben wir es mit Gewalt versucht und sie jede Stunde mit einem Wasserstrahl vertrieben. Aber sie kommen immer wieder, und die Anwohner beschweren sich«, sagte Mothron. Da Dekrete und Wasser nicht halfen, musste eine neue Lösung her.

Mothron glaubte, sie in »Malodore« gefunden zu haben, einem Gas, das nach dem Versprühen für Wochen einen Ekel erregenden Gestank hinterlässt. Nach Angaben des Herstellers wird es verwendet, um Menschen von gefährlichen Orten, zum Beispiel von Brücken, fernzuhalten. Mothron bestellte eine Großlieferung und wies die Beamten der Stadt an, das Gas an den Treffpunkten und Schlafplätzen von Obdachlosen zu versprühen. Der Bürgermeister wollte sich schon zurücklehnen, das Image seiner Heimatstadt schien endgültig gerettet: keine Kommunisten mehr, keine Obdachlosen. Aber er hatte sich zu früh gefreut. Die Beamten weigerten sich, das übelriechende Gas zu verwenden. Sie seien zwar bereit, »Jagd auf Ratten zu machen, aber nicht auf Obdachlose«, sagte ein Stadtangestellter. Schließlich stehe auf dem Behälter, dass das Mittel nicht eingeatmet werden solle.

Angewendet wurde »Malodore« letztendlich aber doch: Der Bür­germeister gab seine Vorräte an ein Kaufhaus in Argenteuil weiter – und die Mitarbeiter nebelten die Notausgänge damit ein.