Lob des Bankers

ich-ag der woche

Banker, Spekulanten und Bonzen waren über viele Jahrzehnte hinweg ein beliebtes Feindbild der Linken. Erst in den vergangenen Jahren setzte eine Kritik an solchen Klischees ein. Ein Banker aus Baden-Württemberg bewies nun, dass es in der Tat falsch sein kann, alle im Bankwesen Tätigen über einen Leisten zu scheren und zu verdammen.

In der vorigen Woche wurde ein früherer leitender Bank­angestellter vom Landgericht Mosbach zu zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Ihm wurde Untreue in 168 Fällen zur Last gelegt. Er hatte über einen längeren Zeitraum hinweg 2,1 Millionen Euro von Konten gutbetuchter Kunden auf Konten von Menschen, die knapp bei Kasse waren oder keine Kredite mehr erhielten, überwiesen. Wenn die SPD schon nichts tut in Sachen sozialer Gerechtigkeit, wird er sich gedacht haben, ergreife ich eben die Eigeninitiative.

Vor Gericht legte er ein umfassendes Geständnis ab und sagte: »Ich hatte Mitleid mit Arbeitslosen und sozial Schwachen und wollte ihnen helfen.« Dank seiner Aussagen konnten etwa 1,4 Millionen Euro wieder an die richtigen Kunden zurückgezahlt werden.

Nach einiger Zeit habe er den Überblick über seine Geldschiebereien verloren, räumte der ehemalige Bankangestellte ein. »Im Jahr 2005 war ich nur noch damit beschäftigt, die Sache zu vertuschen«, sagte er. »An Weihnachten 2005 war ich nahe dran, mir selbst etwas anzutun. Ich habe das seelisch nicht ertragen.«

So ist es, wenn man Gutes tut: Es ist oftmals schlechter zu verkraften als die böse Tat. Aber das Leben geht weiter. Der ehemalige Banker arbeitete inzwischen als freiberuflicher Vermittler von Bausparverträgen und Versicherungen und zahlt monatlich 300 Euro an seine frühere Bank zurück. Dass er Bausparverträge von gutbetuchten Sparern an Obdachlose auszahlt, ist eine böswillige Unterstellung.

paul urban