Eros unterm weiß-blauen Himmel

ich-ag der woche

Die Affäre beweist, dass der Rest der Welt keine Ahnung von den bayerischen Verhältnissen hat. Wie anders wäre die Empörung zu erklären, die aufkam, als die brillanten Bilder unserer hübschen Fürther Landrätin, Gabriele Pauli (CSU), der bayerischen Mona Lisa, bekannt wurden. In der Park Avenue hatte sich die mondäne Politikerin des neuen Typs abbilden lassen – mit einer roten Perücke auf dem Kopf, im Stretch-Mini, auf High Heels und in Latex-Handschuhen, worüber sich die Spießerwelt nördlich des Mains besonders echauffierte. Was ist dabei, fragen wir Bayern uns. Aber es ist wiedermal wie immer: Keiner versteht uns!

In der Zeitschrift wurde auch der Ablauf des Foto-Shootings beschrieben: »Die Unterhose drückt sich unfotogen unterm Kleid durch? Sie zieht sie aus und lässt sie diskret in ihrer Handtasche verschwinden.« Bei jedem anderen Topmodell wäre Paulis spontane Reaktion als meisterhafte Improvisationsleistung gelobt worden, aber für unsere bayerischen Politikerinnen gelten offenbar andere Maßstäbe – und das in einer Demokratie, die von der Flexibilität ihrer Volksvertreterinnen lebt!

Die ganze Aufregung verunsicherte unsere »Sankt Pauli« (Park Avenue) derart, dass sie sich zunächst dazu hinreißen ließ, sich zaghaft von der Darstellung in der Park Avenue zu distanzieren. In der Sendung von Sabine Christiansen in der ARD stand sie am Sonntag jedoch wieder zu sich selbst und meinte, solche Fotos machten schließlich vielen Frauen Spaß.

Genau! Denn Schönheit ist schließlich kein Verbrechen! Soll denn die ganze Welt von preußischen Schrapnellen wie Heidemarie Wieczorek-Zeul oder Dagmar Schipanski regiert und ästhetisch beleidigt werden? Müssen alle Politi­kerinnen aussehen wie Antje Vollmer? Wir Bayern sagen: Nein! Politik kann Lust machen!

Dass alte Herren wie der bayerische Innenminister Günther Beckstein das nicht verstehen, ist wohl eher deren Problem. Er sagte, er erkenne Pauli nicht wieder, nicht sie beherrsche die Medien, sondern die Medien hätten »Macht über sie gewonnen«. Dass er von Park Avenue nicht wegen erotischer Fotos angefragt wird, wundert unterm weiß-blauen Himmel – ehrlich gesagt – niemanden.

max gschwendtner