One Hit Wonder

Tama Janowitz’ neuer Roman Von Uta Zimmermann

Keine Zeit für schlechten Sex hat man zumindest für die Dauer der Lektüre des Romans mit diesem irreführenden Titel. Peyton, die Heldin, stammt aus ärmlichen, zerrütteten Familienverhältnissen. Aufgewachsen auf der falschen Straßenseite im falschen Viertel in Boston, gelingt ihr der soziale Aufstieg. Als Ehefrau eines Zahnarztes und Mutter lebt sie in einer Eigentumswohnung auf der Upper East Side Manhattans. Das klingt nach dem amerikanischen Traum. Doch wie das häufig der Fall ist, gelingt seine Verwirklichung nicht. Der Ehemann entpuppt sich als Langweiler und Versager, und die Schulden häufen sich. Überdies engen die Schwiegereltern mit ihren Vorstellungen von Kleidung, Religiosität und Anstand die junge Frau ein.

Nach ein paar Ehejahren beginnt sie, für ein Reisebüro zu arbeiten. Ihre erste Reise führt sie nach Rio de Janeiro, wo sie Germano begegnet, mit dem sie eine Affäre hat. Auf den Geschmack gekommen, folgen diverse sexuelle Abenteuer. Je mehr sie versucht, der Langeweile und den Konventionen durch sexuelle Kontakte zu entfliehen, desto unappetitlicher werden diese Begegnungen. Ausgerechnet derjenige, mit dem Sex nicht nur das Aufeinandertreffen zweier Körper ist, bei dem sie , wie es im Roman heißt, »Spiritualität« empfindet, entpuppt sich als Dieb, der sie für seine Raubzüge einspannt und sie verprügelt.

Ehebruch und »sexuelle Ausschweifungen« dürfen für Frauen nie gut enden. Die Strafe sind Einsamkeit, Schuldgefühle, soziales Abseits, Prügel.

Man kann den Roman als Beleg dafür lesen, dass Frauen, wenn sie schön und jung sind, dieses Kapital nutzen müssen, um durch Heirat den sozialen Aufstieg zu erreichen, der nicht immer gleichbedeutend ist mit Glück. Bei Janowitz klingt das so: »Anfangs hatte die Ehe Befreiung von der Armut bedeutet – sie würden immer zu zweit sein (…) Jetzt war beides schlimmer als ein gläserner Käfig, eine öffentliche Form der Einzelhaft (…) das Alter verfolgte sie, und die Wände rückten immer näher.« Der Roman wird als Variation der »Madame Bovary« bezeichnet, doch zwischen Flaubert und Janowitz liegen Welten. Ihr Stil erinnert an die Literatur der frechen Frauen aus den achtziger Jahren. Damals gelang der Schriftstellerin mit ihrem Erzählungsband »Großstadtsklaven« ein Bestseller. Das Etikett »One Hit Wonder« wird sie nach diesem Roman nicht verlieren.

Tama Janowitz: Keine Zeit für schlechten Sex. Aus dem Amerikanischen von Claudia Feldmann. List, Berlin 2005. 320 S., 19,95 Euro