»Die Minarette sind nur angedeutet«

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Auf dem ehemaligen Bolle-Grundstück in Berlin-Kreuzberg wird der »Islamische Verein für wohltätige Zwecke«, so Gott will, ein gemeinnütziges Zentrum und eine Moschee errichten.

Was machen Sie an diesem Stand?

Ucan: Wir sammeln Spenden und informieren die Anwohner über unser Projekt.

Stoßen Sie auf großes Interesse?

Davut: Ja. Viele Leute – Deutsche, Türken, Araber – kommen und wollen wissen, was wir hier genau bauen.

Was bauen Sie denn?

Ucan: Ein gemeinnütziges Zentrum, mit Läden und Büros, aber auch Räumen für Sozial- und Jugendarbeit. Und einer Moschee im Innenhof.

Wie reagieren die Leute?

Davut: Sehr positiv. Bei mir haben zwei- oder dreimal welche geschimpft, aber die meisten sind interessiert. Viele Deutsche fragen, ob sie später rein dürfen. Wir sagen dann: Das ist ein offenes Haus, für Muslime und Christen, für Frauen mit und ohne Kopftuch, für Muslime und nicht so praktizierende Muslime. Viele sagen dann: Hier bitte, meine Spende. Viele wissen auch schon Bescheid und stecken Geld rein.

Wie viel ist am Ende eines normalen Tages in der Spendendose?

Davut: Unterschiedlich, vielleicht 500 Euro, manchmal auch 700, 800. Wir finanzieren alles nur durch Spenden.

Errichten Sie hier eine Art Kalifat von Kreuzberg? Immerhin wollen Sie vier Minarette bauen. Im letzten Kalifat, dem Osmanischen Reich, durften nur Moscheen, die der Sultan in Auftrag gab, mehr als ein Minarett haben.

Ucan: Wirklich? Also bei uns sollen die Minarette die vier anerkannten Rechtsschulen des Islam symbolisieren. Und die Minarette sind ja nur angedeutet, damit jeder von weitem sehen kann, dass dieses Haus eine Moschee beherbergt. Dabei sind die Minarette und die Kuppel gar nicht an der Moschee, sondern im Vorderhaus. Mit Kalifat hat das hier nichts zu tun. Aber wir wollen etwas bauen, das schön ist und zum Kiez passt, auch architektonisch. Deswegen haben wir den Gründerzeitstil berücksichtigt.

Für das linke Kreuzberg ist das hier ein symbolträchtiger Ort, weil auf diesem Grundstück der »Bolle-Markt« stand, der am 1. Mai 1987 abgebrannt ist. Findet mit der Moschee eine symbolische Ablösung statt?

Ucan: Dass wir hier bauen, hat sich einfach ergeben. In dieser Gegend gibt es nicht viele freie Baugrundstücke.

Bislang haben die Kreuzberger diesen Platz »Ex-Bolle« genannt. Was wird man künftig sagen?

Ucan: Den Berlinern wird bestimmt etwas einfallen.

interview: deniz yücel