Laura auf Koks

platte buch

Laura mag keine Kriminalgeschichten und wird doch gegen ihren Willen – und schon nach wenigen Seiten – zum Mittelpunkt einer fulminanten Gangsterballade, in der nicht gekleckert wird. Dabei wollte Laura nur ihre Italienischprüfung hinter sich bringen, um dann in den Semesterferien zu ihren Eltern nach Rimini zu fahren. Carlo Lucarelli hat mit »Laura di Rimini« ein rasantes, wendiges Roadmovie geschrieben, das sich großzügig beim Genre bedient und dabei so leicht und unterhaltsam daherkommt, dass es ein Vergnügen ist. Er arbeitet mit schnellen Schnitten und kreiert Situationen, von denen man glaubt, sie bestimmt schon mal in einem Film gesehen zu haben. So oder zumindest so ähnlich. Macht aber gar nichts. Im Gegenteil, spielt doch der Text gerade mit dieser Verschnitt-Technik.

Laura rennt und rennt. Kein Wunder, schleppt sie doch auch einen Rucksack mit vier Kilo Kokain mit sich herum. Den hat sie aus Versehen im Zimmer ihrer Professorin mitgenommen, weil er ihrem eigenen aufs Haar glich. Jetzt sind die Killer der Russenmafia hiner ihr her. Außerdem deren italienische Kollegen, korrupte Polizisten und ein durchgeknallter Uni-Assistent, und Laura ahnt lange nicht, was die eigentlich alle von ihr wollen.

Man mag Lucarelli vorwerfen, dass seine Figuren klischeehaft gezeichnet sind. Aber er spielt gekonnt mit verschobenen Zeitebenen und lässt den Leser bei der Entstehung von Zufällen zugucken. Die geschickt montierten, schnell wechselnden Perspektiven erzeugen einen erzählerischen Sog und immer wieder herrlich groteske Situationen. Am Ende dieser ständig überraschenden Geschichte ist die Studentin Laura erwachsen geworden. Dem neuen Uni-Assistenten schaut sie »ernst und böse« direkt in die Augen – »und lächelt«. Wem die absurde Welt derart ins Leben pfuscht, den schreckt keine Italienischprüfung mehr.

frank rumpel

Carlo Lucarelli: Laura di Rimini. Aus dem Italienischen von Peter Klöss. DuMont, Köln 2004, 106 S., 9,90 Euro