Drohkulisse

platte buch

Früher war alles lauter, härter, fieser und gemeiner. Einfach besser eben. Da hießen Foetus-Platten noch »Ache«, »Deaf« oder »Null/Void«. Nichts ist mehr wie früher. Man kennt diese Leier heutiger Mittdreißiger. Dabei beweist Jim Thirlwell, besser bekannt als Foetus, mit seiner neuen Platte, dass man auch in Würde altern kann, »Love« heißt sie.

Das klingt nach Gesetztheit, Versöhnung und faulen Kompromissen. Wer das Werk des New Yorkers kennt, weiß aber, dass trotz des Plattentitels nicht mit dem Schlimmsten zu rechnen ist. Mit seinem musikalischen Seiltanz zwischen Industrial, Jazz, Punk und Ambient war Thirlwell immer einen Schritt voraus. Den Vorsprung hat bis heute niemand aufgeholt.

Auf »Love« tritt Foetus leiser, aber immer noch dorthin, wo es weh tut. Weniger verzerrte Gitarren, weniger Lärm, weniger Bombast. Wie auf »Ectopia«, dem letzten Album seines Seitenprojekts Steroid Maximus, vermengt Thirlwell Soundtrack-Elemente und Elektronisches. Da flirren atonale Streicher-Cluster, klagen hier und da Trompeten, unter dem vielseitig instrumentierten Teppich klopft meist ein elektronischer Beat. Das alles ergibt eine im Raum schwebende Drohkulisse, die vor der Eskalation aber immer Halt macht. »Love« liefert 55 Minuten lang Spannung ohne das große Finale, ohne Erlösung.

francis klein

Foetus: Love (Birdman Records)