»Die Wahl wird nicht fair sein«

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Nur wenige Exiliraker wollen am Wochenende an den Wahlen im Irak teilnehmen, teilte die International Organisation for Migration mit, die die Wahlen im Exil organisiert. Ali Zoubaedy aus dem Nordirak ist freiberuflich tätig und lebt seit 20 Jahren in Berlin.

Gehen Sie wählen?

Nein. Weder wirtschaftlich noch politisch ist die Situation im Irak stabil. Es gibt kaum internationale Beobachter, und es ist davon auszugehen, dass die Wahlen nicht fair sein werden. Außerdem ist nicht gesichert, dass die Wahl repräsentativ ist, weil die Mehrheit nicht daran teilnehmen wird. Es dürften Leute gewählt werden, die die Interessen der USA vertreten.

Ist dies bei den Exilirakern der allgemeine Tenor?

Nein. Die Iraker im Exil sind in zwei Lager gespalten. Die einen meinen, dass die US-Truppen das Land verlassen, wenn eine irakische Regierung installiert ist. Die anderen glauben, dass selbst nach den Wahlen die USA einen Teil ihrer Truppen da lassen werden, so wie in der Golfregion.

Allgemein herscht die Meinung vor, dass wir keine fremden Truppen im Land haben wollen. Viele glauben, dass es die Absicht der Amerikaner ist, das Land wirtschaftlich auszubeuten und ihren Einfluss in der Region zu stärken.

Was müsste sich grundsätzlich ändern, damit Sie sich vorstellen könnten, an einer Wahl im Irak teilzunehmen?

Zuallererst müssten alle fremden Truppen das Land verlassen. Außerdem ist das Land durch die letzten beiden Kriege zerstört worden. Es müsste immens viel Schadensersatz von den Amerikanern geleistet werden. Es müsste damit aufgehört werden, dass gezielt bestimmte Gruppen unterstützt werden, um das Land in drei oder vier Teile zu teilen. Erst dann könnte eine wirklich demokratische Regierung gewählt werden.

Würde das Land nicht im Bürgerkrieg versinken, wenn die US-Truppen jetzt abzögen?

Absolut nicht. Ich denke nicht, dass die Iraker aufeinander losgehen würden. Die Amerikaner haben doch die Unsicherheit mit ihrem Einmarsch im Irak erst erzeugt. Der Irak war trotz der Diktatur nicht so unsicher wie jetzt nach dem Einmarsch der USA.

interview: paul urban