Memento mori II

Fix und fertig

Ich war fünf, als ich mein erstes Fix und Foxi-Artefakt bekam. Mamá brachte es von einem Kiosk mit, den sie aufgesucht hatte, doch nie würde ich erfahren, weshalb sie Haus und Hof verließ, um ein munteres Bilderheftchen zu erstehen. Nachdem ich ich einige Stunden bittere Tränen vergoss, ob des Missverständnisses, denn mein herrlicher FF-Sammelband beinhalte drei mal dasselbe Heft, da er eine triptychonale Schlumpfgeschichte innehatte, deren Fortsetzungscharakter mir so fremd wie italienische Pizza war - meine erste Pizza genoß ich mit acht und verzog das Gesicht, da sie nicht zu schmecken vermochte -, erkannte ich alsbald, dass es sich um drei verschiedene Hefte handelte.

Ich verschlang die Schlumpfgeschichte noch mehrere Male, denn eines der unmündigen Geschöpfe, welche mich an die bösen Kommunisten aus der Fernunterhaltung (Dr. Fu Manchu, Mao, die ewig gleich daherkommenden Vietnam-Kärräckter, auf die die schicken B-52 Bomber immer so Napalmbomben schmissen - weiß Gott, ich liebte diese B-52, ein beeindruckendes Fluggerät, fürwahr) erinnerte, bastelte eine fröhliche Wettermaschine, was nicht implizieren soll, dass das Wetter, welches so ein Schlumpf Gott zum Gruße in die Welt setzt, immer ein heiteres war. Ich kannte bereits das bedrückende Gefühl, welches der entsetzliche Frühling mir zum Unbehagen bereitete.

Auf der zweiten oder möglicherweise dritten Seite entbot nun Onkel Rolf seinen wilden Gruß. Er hatte nicht allein Lupo, Fix, Foxi, Oma Eusebia oder Knox ersonnen, nein, wenn man dem Tenor des Heftchens Glauben schenken sollte, erfand dieser Teufelskerl Rolf Kauka, seines Zeichens der Wald Dissni von Deutschland, auch Pit und Pikkolo, Kokomiko und den heiteren Redaktionsboten Jojo (»Nein, dieser Rolf Kauka, was der alles erfindet - Pit und Pikkolo, aber am besten gefällt mir Lupo«).

Später, als das Heft im Wirbelsturm seiner Unmündigkeit zuerst eingestellt wurde, weil Onkel Rolf bei sich dachte: »Diese Madonna, die geile Sau, hat nichts in meiner Kreation zu suchen«, war es mir einerlei, denn ich hatte bereits begonnen, Erwachsenen-Comics wie »Fluffy der Seehund«, »Schwester Braun von der Nachtstation« oder »Wilde Kerle« (alle bei V.W. Tempel-Press erschienen) zu goutieren. Noch heute frage ich mich, warum diesen brillanten Artefakten, die das Leben zeigten wie es war, kein Erfolg beschert war.

Nun, egal. Ich hatte das Glück, Herrn Kauka nicht, dafür jedoch seinen Barden Martin Budde kennenzulernen, einen fanatischen Lupo Modern-Liebhaber, ebenfalls ein Blättchen aus dem Hause Kauka, welches jedoch im Gegensatz zu FF nicht auf den unmündigen sowie minderjährigen »Kennst Du einen Onkel in Amerika, der mir einmal Blockflötenunterricht geben kann, Onkel Rolf?»-Nörd, sondern auf die Gammlerjugend setzte. Lupo als Unterhund einer Generation von Semiadoleszenten, die zu jung für die auf Unsittlichkeit bauende Bravo waren, jedoch zu alt, um sich auf die erregenden Erlebnisse einer Familie aus Fuxenholzen einzulassen.

Budde, ein Connaisseur reinsten Wassers, ermöglichte es mir denn auch, eine original Pauli-Zeichnung des legendären Branco »Kara« Karabajic, zu erhalten, da er den alten Mann zwang, »seinem guten Freunde doch einmal eine Freude zu bereiten«. Budde war es auch, der mir bereits vor acht Monaten verriet, FF würde wieder erstehen und Kauka zu Ehren ein Fanal der erbaulichen Unterhaltung bilden.

Das neuartige FF, welches ich aus absonderlichen Gründen nie zu Gesicht bekam, wurde jetzt eingestellt. Zu altbacken war der Inhalt und »Familie Peperkorn«, eine Zweitserie, die wie schon »Bibi Bitter« (eine idiotische Kinder-TV-Serie der Siebziger) kein Zweiter, eher ein Dritter war, ging mir am Rektum vorbei, und der emsige Ehapa Verlag (Hallo, Leute, besucht mich, wenn ihr in Berlin seid!) verzettelte sich ganz und gar, und überhaupt haben die Herrschaften gerade eben auch Yps, das Gimmick mit Comic, in den Sand gesetzt, und das erinnert mich geradewegs an eine erniedrigende Episode aus meiner Kindheit, denn Ehapa hatte immerhin das lustige Superman Batman-Heft im Programm und ich Horst habe mit meinen acht Jahren nicht verstehen wollen, warum Superman beim Vogelfluge mit Vogel-Vau nur ein Bein und einen Arm hatte, bis mir jemand erklärte, das liege an der Perspektive. Die hatte sich der brillante Zeichner Curt Swan zu Eigen gemacht. Er verstarb vor nicht allzu langer Zeit, und um ihn tut es mir wahrhaft leid.

Nun, tut es Budde gleich, ihr Leut', sucht euch die guten alten Sixties-FFs aus Kammern eurer Wohnung, die euch bislang unbekannt waren und genießt den wahren Geist jenes Heftes, das niemals erwachsen werden wollte. Unlängst konfrontierte ein Journalist den greisen Kauka mit meinem, aus lauterem Unsinn erdachten, Vorwurf, er sei »Die Kettensäge Gottes«, worauf Kauka sich reumütig wand und zu meiner allergrößten Überraschung zugab, dass er möglicherweise einige Bäume im fernen Amerika zuviel hatte abholzen lassen. Von dieser Unternehmung ahnte ich zuvor rein gar nichts. Wie klein die Welt doch ist, man möchte an ihr winselnd ersticken.

Gib nicht auf, Onkel Rolf.