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Geschlechtergerechtes Schwimmen, zugeknöpfte Bürgermeisterinnen und sexuell befreite Frauen.
Große Aufregung! Nach einer Diskriminierungsbeschwerde werden die Berliner Bäder-Betriebe ihre Hausordnung künftig geschlechtergerecht anpassen. Im Klartext: Oben ohne für alle! Lustige Vorstellung, wenn diese Regel nicht nur in den Badeanstalten, sondern gleich überall gelten würde. Eine künftig von der CDU regierte Nudist:innen-Stadt. Oben ohne mit einem saftigen Seitan-Döner in den Händen.
Die Realität sieht anders aus. Eine zugeknöpfte Frau Giffey sitzt in endlosen Koalitionsgesprächen mit den Christdemokraten. »The Girl Is Crying in Her Latte«, um die hervorragende neue Single der Sparks zu zitieren, in deren Video eine hinreißend angezogene und tanzende Cate Blanchett zu sehen ist. In ihren Latte zu weinen, das hat die namenlose Frau in Antonia Baums neuestem Roman »Siegfried« schon längst hinter sich, als sie zu Beginn in die Psychiatrie fährt. Ihr Mann ist in der DDR, in der Platte groß geworden, sie selbst wuchs zwischen Designermöbeln auf. Die Schatten ihrer Familien legen sich bleischwer auf ihre eigene Kleinfamilie und vergiften den Blick aufeinander. Noch eine Tochter, die sich – wie im besten Roman des vorigen Jahres, Daniela Dröschers »Lügen über meine Mutter« – an den toxischen (Stief-)Vätern der alten BRD (samt deren verbiesterten Müttern) abarbeitet.
Im Kampf gegen den Krebs und die spießigen Strukturen des Rock-Betriebs sieht man Damo Suzuki, den ehemaligen Sänger von Can, in dem britischen Dokufilm »Energy« von Michelle Heighway, der auf Vimeo läuft. Wirklich beeindruckend, mit was für einer Energie und Demut der inzwischen 73jährige Rock ’n’ Roll-Schamane auf seiner endlosen Tournee mit immer wechselnden Musiker:innen aus aller Welt gegen die Krankheit kämpft und allerorts die hohe Kunst der Improvisation zelebriert. Nein, das sei kein Krautrock, sagt er im Interview. Er sei schließlich gebürtiger Japaner. Eher Sashimi-Rock.
In der BBC-Mockumentary »Cunk on Earth« würde jetzt wahrscheinlich zur Aufheiterung der Video-Clip von »Pump Up the Jam« von Technotronic eingespielt werden – als running gag zwischen historischen Landschaftsaufnahmen und talking heads aus Philosophie oder Geschichte. Die Serie mit der großartigen Diane Morgan wirkt in etwa so, als würden Asterix und Obelix bei »Terra X« auftreten – oder als hätten Monty Python einen Youtube-Kanal.
Im Kino startet nächste Woche ein Dokumentarfilm über Erica Jong, deren Debütroman »Angst vorm Fliegen« in den siebziger Jahren zur sexuellen Befreiung der Frau beitrug. Der vielleicht perfekte Film fürs Open-Air-Kino-Programm in der anstehenden Freibad-Saison.