Gibt es ein Tape-Revival?

Die Rückkehr der Kassette

Für die meisten Musiker:innen jenseits des Mainstream sind anfänglich kleine Indie-Labels die erste Adresse, um ihre Musik zu veröffentlichen. Nicht nur im HipHop mit seinen Mixtapes, sondern auch im Underground-Pop, in der Punkszene und im Bereich experimenteller Klangkunst bringen manche dieser Kleinlabels Alben und EPs als Musikkassette heraus, so dass in den vergangenen Jahren fast schon von einem Tape-Revival gesprochen werden kann. Ein Überblick über die Berliner Szene.

Ein Wochenende im Januar in Berlin: Während am Freitag die Band Pieuvre ihre Debüt-EP im halbwegs klandestinen Kreuzberger Veranstaltungsort »West Germany« präsentiert, spielen am Samstag Gruppen wie Ostseetraum, Misere und Aus, allesamt eher düstere Lo-Fi-Spielarten des Postpunk, im rappelvollen »Zukunft am Ostkreuz«.

Was die vier genannten Gruppen eint, ist die Tatsache, dass sie ihre Musik – zumindest bisher – bei kleinen bis sehr kleinen Plattenfirmen veröffentlichen, die ursprünglich, überwiegend oder sogar ausschließlich Kassetten als Tonträger jenseits von Downloads oder Streams herausbringen. Diese hören auf illustre Namen wie Kitchen Leg Records (Pieuvre), Billo Tonträger (Misere), Mangel Records (Ostseetraum) und Static Age Musik (Aus). Letzteres wurde bereits vor mehr als zehn Jahren von Christian Iffland als Punk- und Hardcorelabel gegründet und hat mittlerweile auch einige namhafte Bands im Programm: Zuletzt brachte es eine Vinyl-Wiederveröffentlichung der Berliner Noiserock-Urgesteine Campingsex heraus. Die anderen drei Labels sind jünger.

Zumindest vage lässt sich mittlerweile sogar von einer Berliner Tape-Szene mit allerlei Querverbindungen sprechen, in der sich noch weitere ältere und neuere Plattenfirmen wie etwa Späti Palace, Mansions & Millions, Adagio 830, Flennen und Kashual Plastik tummeln. Außerdem gibt es musikalische Verknüpfungen zu Labels wie Interceptor Editions aus Leipzig, RDS Records aus Hamburg, Mmodemm aus Frankfurt am Main und Phantom Records aus Gera, das über die international erfolgreiche Punkgruppe Pisse inzwischen einschlägig bekannt ist.

Es ist nicht so leicht, sich einen Überblick zu verschaffen, aber bei jedem der erwähnten Labels erscheint Musik, die anzuhören sich lohnt – von Punk über Underground-Pop bis zu experimenteller Klangkunst. Und über die Labelseiten bei der Online-Musikplattform Bandcamp lassen sich die Musiker:innen und Bands recht gut entdecken.

Fall und Aufstieg der Tonträger
Doch warum überhaupt Kassetten? Und warum überhaupt noch haptische Tonträger? Eine mögliche Erklärung könnte so lauten: Die vor allem durch die Musikplattform Napster und illegale Downloads verursachte Krise der Musikindustrie nach der Jahrtausendwende entwickelte sich schnell auch zu einer Krise der Plattenläden, was man unter anderem in Virginie Despentes‘ Romantrilogie »Vernon Subutex« nachlesen kann. Generell sank die Nachfrage nach Tonträgern, während gleichzeitig der Online-Bestellhandel wuchs, was vor allem größeren Firmen zugute kam und manchen Läden zusätzlich zu schaffen machte.

Dem Online-Portal Statista zufolge sank hierzulande der CD-Absatz in den vergangenen zehn Jahren von etwa 100 Millionen auf 25 Millionen Exemplare. Man kann davon ausgehen, dass der Einbruch in den nuller Jahren nur deshalb geringer ausfiel (von 130 Millionen im Jahr 2001), weil manche Genres wie der Schlager und der konservative Mediengebrauch seines Publikums die Entwicklung zunächst ein wenig bremsten.

Kassetten sind eine schnelle und günstige Lösung.

Die Schallplatte hatte als Tonträger bereits 2006 mit 300 000 verkauften Einheiten ihren ökonomischen Tiefpunkt in Deutschland erreicht. Doch dann setzte langsam eine Trend­umkehr ein. 2007 wurde in den USA der Record Store Day eingeführt, der schnell auch international Anklang fand und dazu dienen sollte, unabhängige Plattenläden zu unterstützen und den dortigen Vinylverkauf anzukurbeln. Zumal gerade unter ausgeprägten Musikfans mit Lust am Entdecken abseitiger Bands die LP immer ihre Anhänger:innen hatte, so dass Indie-Labels stets an der Produktion von Schallplatten neben der CD festhielten.

Nun wurde die Schallplatte allerdings stärker zu einem fetischisierten Sammelgegenstand. Bei Elektronik-Fachmarktketten wie Saturn oder Media Markt wurden die LP und der Plattenspieler als umsatzträchtige Verkaufsobjekte wiederentdeckt, und wenn man nichts anderes kennt, dürfen es für den saturierten Musikhörer (seltener: Hörerin) eben vor allem die überteuerten Vinyl-Editionen der ewigen Lieblingsbands wie Metallica, Rolling Stones oder Böhse Onkelz sein. Analog zum Niedergang der CD als Medium vervielfachte sich der LP-Verkauf nun wieder, Statista zufolge von einer Million 2012 auf zwei Millionen (2015) und schließlich auf mehr als vier Millionen Exemplare (2020), Tendenz weiter steigend. Derlei Statistiken könnten für Indie-Labels und -Bands mit ihren kleinen Stückzahlen eigentlich egal sein, sind es aber aufgrund der Produktionsverhältnisse nicht.

Die großen Plattenfirmen waren um 2010 auf den Zug aufgesprungen und vor allem in den Monaten vor dem Record Store Day waren die Vinyl-Presswerke mit ihren ohnehin knappen Ressourcen damit beschäftigt, deren Produkte in hohen Chargen herzustellen, während unabhängige Labels mit ihren geringeren Auflagen sich hinten anstellen mussten und ihre LP-Neuerscheinungen sich um Monate verzögerten. Sprich, der Tag der Plattenläden mit seiner anvisierten Feier der musikalischen Vielfalt hatte zumindest ambivalente Konsequenzen.

Wenn eine junge, subkulturelle Band nun allerdings die ersten Aufnahmen im Kasten hat und auf eine erste richtige Tour gehen möchte, sei es als Vorband, sei es in kleinen autonomen Jugendzentren, dann möchte sie am Merch-Stand sicher nicht nur Download-Codes verkaufen. Oder die gerade erst für sich gewonnenen Fans damit vertrösten, dass irgendwann in der Zukunft und nach langer Wartezeit mal eine LP erscheinen wird. Kassetten sind da eine schnelle und günstige Lösung.

Krumme Takte: Kara Delik
Als eine der spannendsten neuen Bands aus Berlin kann derzeit Kara Delik gelten, bestehend aus Barış Öner (Saz und Gesang), Eilis Frawley (Schlagzeug und Spoken Word) sowie Andreas Sommer (Bass, Gesang und Soundbearbeitung). Mit ihren vielseitigen musikalischen Anleihen lassen sie sich am ehesten in das breite Genre des Avantrock einordnen. Über das virtuose Schlagzeugspiel von Frawley mit allerlei Rhythmuswechseln und krummen Takten legt sich der psychedelische Sound von Öners elektrischer, angezerrter Saz, die auch Vierteltöne erlaubt und deren Stimmung und Tonskala sie deutlich vom Klang einer E-Gitarre unterscheidet. Daneben lassen Sommers Bassläufe und seine Klangmanipulation etwa mit Halleffekten auch einen Dub-Einfluss erkennen. Dies alles wäre lediglich interessant, aber nicht mehr, wenn die Band mit diesem Eklektizismus nicht zugleich mitreißende Songs zaubern würde – aber genau das gelingt ihr.

Im Herbst 2022 erschien die Debüt-EP »Tamam« auf Kassette bei Interceptor Editions in einer Auflage von 80 Stück. Der Jungle World erzählt Sommer, einerseits sei es eben deutlich leichter und günstiger, anstelle einer LP ein Tape herauszubringen, erst recht bei einer kleinen Produktionsmenge. Andererseits sei es aber auch schön, mit der ersten Veröffentlichung an die Tradition eines klassischen Demotapes anzuknüpfen. Die Kassette (inklusive Down­load-Code) war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft, so dass derzeit eine zweite Auflage mit ebenfalls 80 Exemplaren erscheint. Frawley ergänzt, dass sie physische Tonträger wie eben das Abspielen einer Schallplatte durchaus mehr genieße, erst recht wenn sie als Musikerin die eigene Arbeit dann in den Händen halten könne. Frawley spielt daneben noch bei Laura Lee&the Jettes sowie bei Anika und betreibt unter ihrem bürgerlichen Namen ein Soloprojekt.

Im Februar erschien mit »Singularities I« die zweite Veröffentlichung von Kara Delik, diesmal als 7-Inch-Single, von der Band selbst herausgebracht. Außerdem haben sie zu dem just erschienenen Tape-Sampler »Flennen No. 14« ein Lied beigetragen.

Heult doch! Flennen und Mangel
Das Kollektiv hinter der Flennen-Reihe gibt bereits seit 2014 Kassettenkompilationen mit Songs von überwiegend Berliner Indie-Bands ­heraus, zunächst begleitend zu einem gleichnamigen Fanzine. Hier lässt sich im Übrigen auch der Retro-Trend vom Indierock hin zum Postpunk nachvollziehen. Der Gesang und das Klanggewand wurden über die Jahre düsterer, waviger, aber weiterhin klingt das hier zu sehr nach Underground, als dass man es mit Mainstream-tauglichen, glatteren Post­punk-Veröffentlichungen verwechseln könnte.

2020 gründeten dann vier der Flennen-Beteiligten das Label Mangel Records. Obwohl Tapes und 7-Inches auch dort weiterhin die Mehrzahl der Veröffentlichungen bilden, bringt das Label inzwischen auch LPs heraus. Im vergangenen Jahr erschien zum Beispiel das hochgelobte Debütalbum von Die Verlierer, einer Garagenrock-Band um die beiden Chuckamuck-Musiker Oska Wald und Lorenz O’Tool. Für sie machten die Labelbetreiber:innen sogar eine Ausnahme und stellten das Album bei Spotify zum Streamen bereit, die anderen Veröffentlichungen von Mangel waren dort lange Zeit nicht zu finden. Mit der ersten Single »Mann im Mond« mit ihren bald 200 000 Wiedergaben gelang den Ver­lierern und dem Label sogar ein kleiner Hit.

Die eigene (Haupt-)Band von drei der vier Köpfe hinter Mangel ist das Trio Liiek, bestehend aus Anne-Sophie Lohmann (Schlagzeug), Denes Bieberich (Gitarre und Gesang) und Oskar Militzer (Bass). Ihr hektisch-energetischer, mit reichlich Dissonanzen ausgestatteter Punk bewegt sich stilistisch zwischen Devo und Wire, es handelt sich zudem um eine ausgezeichnete Liveband.

Bis aufs Messer
Die Mitglieder von Liiek haben ihre beiden bisherigen Alben wiederum nicht selbst veröffentlicht, sondern diese erschienen bei Adagio 830 auf LP und bei RDS Records auf Kassette. Adagio 830 gibt es seit über 20 Jahren, dahinter verbirgt sich Robert Schulze, der es bereits 1999 noch in Jena als Hardcore-Label gründete, auch um die Musik seiner damaligen Screamo-Band Zann zu veröffentlichen. Seinen Lebensunterhalt verdient Schulze vorrangig als Mitbetreiber des Plattenladens und Mailorders Bis aufs Messer, der seit 2006 in Berlin-Friedrichshain eine immer breitere, zugleich aber hochspezialisierte Palette an Independent-Musikgenres anbietet, von allerlei Punkausläufern über Folk bis hin zu Free Jazz und Avantgarde-Klassik.

Bei Adagio 830 zeigt sich dieser Abwechslungsreichtum ebenfalls. So gehören zu den jüngsten Veröffentlichungen nicht nur die Berliner Noiserockerinnen der Gruppe Brak mit ihrer Debüt-EP (wiederum auf Kassette), sondern auch das Drone-Metal-Duo Nadja oder der Musiker Fletcher Tucker mit seinem Ambient-Folk. Schulze bringt mit seinem Label mehr LPs als Tapes heraus, doch dass er Letztere sehr schätzt, lässt sich schon an der umfangreichen Kassettenecke in seinem Plattenladen erkennen. Vor allem seien Tapes, so erläutert er der Jungle World, ein schönes »preiswertes Medium«, auch für Leute, »die nicht das Budget für teure Platten haben«. Jedoch seien auch die Kosten für die professionelle Produktion von Kassetten deutlich gestiegen, so dass sich ihm bisweilen die Frage aufdränge, ob er dann nicht lieber gleich auf Vinyl pressen lässt, denn »das Tape sollte nicht zum Boutique-Objekt verkommen«.

Musikalisch rhizomatisch
Anton Teichmanns Plattenfirma Mansions & Millions wurde 2020 bei den VUT Indie Awards in Hamburg gar als Label des Jahres ausgezeichnet. Als er es 2014 gründete, bestand ein Großteil der Veröffentlichungen noch aus Tapes, so dass er 2015 halbironisch einen »Cassette Store Day« organisierte – im Stile einer Plattenbörse mit Verkaufsständen, nur halt für Musiktapes. Inzwischen bilden Kassetten eher die Ausnahme bei den Neuerscheinungen, aber für die ­Label-Sampler, auf denen alte und neue Acts aus dem Umfeld vorgestellt werden, hält er an dem Medium fest. Auf dem 2022 erschienenen »Mixtape No. 5« finden sich etablierte Musikerinnen wie Andreya Casablanca (ehemals bei Gurr) und Albertine Sarges neben Newcomerinnen wie Kissen oder Meagre Mar­tin. Stilistisch bewegt sich der intime, verträumte Underground-Pop, der bei Mansions&Millions erscheint, immer schon zwischen Synthie-Sounds, R’n’B-Einflüssen und psychedelischen Indie- oder Softrock-Gitarren.

Bei der Recherche zur Tapelabel-Szene in Berlin mit all den Bands und Akteur:innen ergibt sich das Bild eines Netzwerks, wie man es für gewöhnlich aus Psychothrillern kennt, die im Milieu der organisierten Kriminalität spielen. In so einem finden sich die Ermittelnden oft verzweifelt vor einer Pinnwand voller Fäden und Stecknadeln wieder, mit deren Hilfe sie herauszufinden versuchen, wer das Netz eigentlich zusammenhält – wer der Boss oder die Bossin im Hintergrund ist.

In der beschriebenen DIY-Musikszene gibt es allerdings kaum Hierarchien und schon gar keinen Kopf der Bande. Vielmehr erinnert die Szene an das, was die Philosophen Gilles Deleuze und Félix Guattari metaphorisch als Rhizom beschrieben haben. An manchen Stellen ergeben sich größere Knotenpunkte, ein paar Leute sind etwas präsenter und umtriebiger als andere, aber insgesamt entwickeln sich die Strukturen ständig weiter und sind vor allem durchlässig für Neues und auch für neue Mitstreiter:innen. Das gehört zu den besonders sympathischen Aspekten der Szene im Vergleich zu manchen Politgruppen und Musikcliquen, die allzu sehr auf Exklusivität pochen.

Mit Blick nach Großbritannien lässt sich feststellen, dass es sich beim Tape-Revival in einigen Underground-Szenen in Berlin nicht nur um eine obskure Ausnahme handelt.

Einer dieser Knotenpunkte ist die bildende Künstlerin Lisa von Billerbeck, die prägendes Mitglied in einer Reihe von Bands ist: Aus, Die schiefe Bahn, Die letzten Ecken, Schimmel über Berlin – um nur einige zu nennen. Anfang 2020, also kurz bevor die Covid-19-Pandemie Konzerte unmöglich machte, brachte Billerbeck unter dem Labelnamen Billo Tonträger den Kassettensampler »Achtung ADK« heraus und war Mitveranstalterin des ersten ADK-Abends, bei dem einige der beteiligten Bands auftraten. ADK steht hier nicht etwa für die Berliner Akademie der Künste, sondern für die Allee der Kosmonauten in Berlin-Marzahn, wo viele der Musiker:innen in einem alten Plattenbau proben und bis zuletzt auch in einem dort beheimateten Studio mit analogem Equipment aufnehmen konnten. Das eingangs erwähnte ADK-Fest wurde aus Anlass des zweiten Samplers »Neues aus der ADK« veranstaltet.

Im Gespräch mit der Jungle World weist Billerbeck auf das Blog »Tape Attack« als Inspiration hin, ein Portal, auf dem in fast schon professioneller Weise Unmengen an obskuren Tape-Veröffentlichungen und -Bootlegs archiviert werden. Außerdem sei die New Yorker No-Wave-Szene um 1980 mit ihren gemeinschaftlichen Kompilationen sowohl musi­kalisch als auch, was den nichtkommerziellen Ansatz betrifft, in ihrem ADK-Umfeld ein Einfluss gewesen. Der Gruppe Aus hört man dies auch an, wobei ihr Minimalismus und Billerbecks Gesang auch an Post-Punk-Größen wie Joy Division oder Malaria! erinnern. Nach Besetzungswechseln erscheint in Kürze eine neue 7-Inch. Neben den ADK-Tapes verantwortet Billerbeck noch eine weitere Reihe mit Kassettenkompilationen, für die sie Künstler:innen bittet, Musikstücke zu komponieren und einzuspielen. Die großteils recht experimentellen Ergebnisse werden bei Billo unter dem Titel »Bildende Künstler*innen versuchen Musik zu machen« publiziert, zuletzt kam auch hier die zweite Folge heraus.

Bei Kitchen Leg Records, betrieben vom italienisch-kanadischen Ehepaar Federica und Andrew Kemp, erscheinen ebenfalls fast ausschließlich Kassetten. Inzwischen kommt das Label auf 30 Titel in gut neun Jahren. Während Andrew bunte Collagen für die Cover erstellt und damit die besondere visuelle Ästhetik der stets limitierten Tonträger prägt, handelt es sich sowohl beim damaligen ersten Kitchen-Leg-Produkt, dem Album »Mango« von Brabrabra, als auch beim neusten Release, dem Debüt »Hyperstretch« von Pieuvre, um All-Girl-Bands von Federica. Ihr Trio Pieuvre mischt den Lo-Fi-Sound von Frühneunziger-Indierock mit Riot-Grrrl-Energie, zusammen mit Andrew spielt sie dagegen als In­stant Voodoo psychedelische Improv-Electronica. Ein weiteres Highlight unter den jüngsten Kitchen-Leg-Veröffentlichungen ist der charmante Indiepop der Matching Outfits um die schwedische Musikerin Linnea Mårtensson, die im Herbst ihr Debütalbum »Band Made Out of Sand« herausbrachten.

Das Tape-Revival
Mit Blick nach Großbritannien, das popkulturell oft ein bisschen weiter ist, lässt sich feststellen, dass es sich beim Tape-Revival in einigen Underground-Szenen in Berlin nicht nur um eine obskure Ausnahme handelt. Die Kassettenverkäufe steigen dort seit Jahren wieder, laut British Phonographic Industry auf nunmehr 200 000 Exemplare, so viele wie seit 2003 nicht mehr. Die Verkaufscharts für 2022 führen die Arctic Monkeys mit ihrem Album »The Car« an, von dem immerhin 10 000 Stück auf Tape verkauft wurden – erschienen bei Domino, einer unabhängigen, wenn auch nicht eben kleinen Plattenfirma.

Der New Yorker Online-Shop ­Tapehead City wiederum organisierte im Oktober 2022 erstmals die neu ins Leben gerufene Cassette Week, an der sich eine Reihe von nordamerikanischen Tape-Labels und Plattenläden beteiligten, mit exklusiven Editionen von Bands wie Cursive, den Slackers oder King Gizzard and the Lizard Wizard. Vielleicht wird sich diese Veranstaltung ja wiederholen, die hiesige Kassetten-Subkultur hätte jedenfalls einiges beizutragen.