In der Republikanischen Partei verstärken sich die autoritären Tendenzen

Rette sich, wer kann

Kommentar Von Paul Simon

Am Wochenende versammelte sich der rechte Flügel der Republikanischen Partei in Dallas, Texas. Die Rhetorik Donald Trumps fand begeisterte Zustimmung.

»We Are All Domestic Terrorists« – für eine Partei, die für sich in Anspruch nimmt, für law and order zu stehen, war das eine erstaunliche Botschaft. Das Banner zierte am Samstag eine Bühne auf der Conservative Political Action Conference (CPAC) in Dallas, ­Texas. Die vier Tage dauernde Politikshow ist ein Schaulaufen des rechten und aktivistischen Flügels der republikanischen Partei.

Natürlich ist der Spruch ironisch gemeint. Er soll aussagen, dass die selbsternannten Patrioten, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington, D.C., stürmten, und von denen einige vom Bundesjustizministerium als domestic terrorists, also einheimische Terroristen, angeklagt wurden, eben nur das gewesen seien: Patrioten, die ihre Verfassung und ihr Land beschützen wollten. Das Beispiel zeigt, wie kaltschnäuzig die Anhänger Donald Trumps mittlerweile selbst klare Rechtsbrüche rechtfertigen, wenn es um die eigene Sache geht.

Auch als am Montag Abend das FBI das Anwesen Donald Trumps durchsuchte, interessierte seine Anhänger weniger, was dem ehemaligen Präsidenten vorgeworfen wurde, nämlich ersten Berichten zufolge die Entwendung von Dokumenten, die der Geheimhaltung unterliegen und die Trump in seiner Privatwohnung aufbewahrt haben soll. Stattdessen witterten sie sogleich eine Verschwörung des »deep state«, wie der CPAC-Vorsitzende Matt Schlapp es ausdrückte. Dieser sei »zu allem bereit, um Präsident Trump anzuschwärzen«. Bei den bevorstehenden Wahlen im November müssten die Repu­blikaner unbedingt gewinnen, »um das Land vor diesen korrupten Faschisten zu retten«.

Prominente Republikaner wie Kevin McCarthy, Oppositionsführer im Repräsentantenhaus, stimmten in diesen Chor ein und warnten vor der »nicht hinnehmbaren politischen Instrumentalisierung« der Justiz. Der republikanische Abgeordnete Ronny Jackson aus Texas erklärte auf Twitter sogar das FBI, dessen derzeitiger Direktor Christopher Wray 2017 von Trump selbst eingesetzt worden war, »offiziell zu einem Feind des Volkes«.

Auch bei der CPAC-Konferenz, die zwar immer schon ein Feuerwerk der populistischen Rhetorik abbrannte, aber in den vergangenen Jahren eine fast surreale Qualität angenommen hat, waren diese autoritären Tendenzen zu beobachten. Einer der ersten Redner am Freitag war der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, der wenige Wochen zuvor mit einer offen rassistischen Rede in Rumänien aufgefallen war. »Wir brauchen mehr Ranger, weniger Drag Queens und mehr Chuck Norris«, versuchte Orbán sich beim texanischen Publikum anzubiedern, um sogleich gegen die »Gender-Ideologie«, die »Globalisten« und den Hauptfeind aller rechten Verschwörungstheoretiker, den Investoren und Unterstützer der Demokratischen Partei, George Soros, vom Leder zu ziehen. Dieser »glaubt an nichts, woran wir glauben«.

Gegen das »liberale Establishment« in den Kampf zu ziehen, haben schon 1974 die konservativen Aktivisten auf der ersten CPAC-Konferenz geschworen, auf der der damalige Gouverneur von Kalifornien, Ronald Reagan, sprach. Doch aus dem optimistischen Patriotismus Reagans ist spätestens seit Trumps Wahl zum Präsidenten – im Wahlkampf 2016 war er noch von der alten Garde des conservative movement abgelehnt worden und nahm nicht an CPAC teil – eine düsterere, paranoide Vision geworden, die die Nation von einer langen Liste äußerer und innerer Feinde und Entwicklungen bedroht sieht: China, dem Sozialismus, der radikalen Linken mit ihrer »gender ideology« und »critical race theory«, den »Globalisten«, dem Green New Deal, den offenen Grenzen, dem Establishment in Washington, den hohen Benzinpreisen. All das gefährdet, wenn man den Rednern auf der CPAC glauben will, den American way of life, wenn nicht gar die Grundfesten der westlichen Zivilisation.

Auch Trump, dessen fast zweistündige Rede am Samstag den Höhepunkt bildete, malte den Untergang an die Wand: Die USA »stehen am Rande des Abgrunds, und nur unsere Bewegung kann sie retten«, das Land werde »mehr von innen als von außen bedroht«. Auffällig war jedoch, dass viele der populistischen Ideen, die seinen Wahlkampf vor sechs Jahren prägten, die Kritik am Freihandel oder an den Kriegen in Übersee beispielsweise, kaum noch eine Rolle spielten. Trumps Themen – Kriminalität, hohe Steuern, hohe Energiepreise – waren für einen Republikaner geradezu konventionell. Umso extremer jedoch war seine Rhetorik gegen den inneren Feind, denn »allen Bedrohungen von außen zum Trotz bleiben die größte Gefahr die kranken, bösartigen und verschlagenen Leute in unserem Land«.

Konkret benannte Trump neben den »Globalisten« und dem »Establishment« noch »die radikale Linke, Sozialisten, Faschisten, die Verrückten«. Und er schlug auch gleich vor, wie man sich ihrer entledigen könnte: Wenn er erst mal wieder an der Macht wäre, würde er nicht nur die Nationalgarde zur Kriminalitätsbekämpfung in den Städten einsetzen, sondern auch in den Ministerien aufräumen: »Um den deep state zu entmachten«, müsse es viel einfacher werden, Personen aus staatlichen Behörden zu feuern. Und wenn die Lehrer weiter Kinder mit »unangemessenen Materialien« über Rassismus, Sex oder Politik traktieren, müsse man gegen die »marxistischen Lehrergewerkschaften« vorgehen oder gleich das Bildungsministerium auflösen. Für seine angestrebte zweite Amtszeit hat sich Trump also einiges vorgenommen.