Die kürzlich verbotene französische rechtsextreme Gruppierung Les Zouaves

Verbot gegen Nazischläger

Die französische rechtsextreme Gruppierung Les Zouaves wurde kürzlich verboten. Ende voriger Woche wurde zudem einer ihrer Anführer inhaftiert.

Der Freitag voriger Woche war wahrlich kein Glückstag für den französischen Neonazi Marc de Cacqueray-Valmenier. Am Tag zuvor war der 23jährige am Wohnsitz seiner Familie im Pariser Nobelvorort Saint-Cloud festgenommen und ins Gefängnis eingeliefert worden. Er hatte eine Woche zuvor an einer Demonstration von Impfgegnern teilgenommen und damit gegen Auflagen der Justiz verstoßen. Diesen unterlag er, weil er als einer der Hauptverantwortlichen für einen gewalttätigen Angriff bei einer Wahlkampfveranstaltung des rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour am 5. Dezember  ­angeklagt worden war. Mitglieder oder Sympathisanten von SOS Racisme hatten gegen Zemmour protestiert und waren von dessen Anhängern verprügelt worden.

Die Zouaves fielen zuletzt am 15. Januar – also nach ihrem Verbot – durch martialisches Auftreten bei einer Demonstration gegen die Einführung eines Impfpasses auf.

Am selben Freitag wurde de Cacqueray-Valmenier außerdem in einer anderen, seit längerem anhängigen Strafsache zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Anfang Juni 2020 soll er am Überfall von 17 Nazischlägern auf die als antifaschistischer Treffpunkt bekannte linke Kneipe »Saint-Sauveur« im Pariser Stadtteil Ménilmontant beteiligt gewesen sein. Seine DNA war an einer eingeschlagenen Scheibe identifiziert worden.

Die Schlägertruppe, die den Überfall durchführte und als deren wichtigster Anführer de Cacqueray-Valmenier gilt, nennt sich selbst Les Zouaves – sie benutzt den Namen einer Einheit der französischen Kolonialarmee in Algerien, die mit dem Ende der Kolonialherrschaft 1962 aufgelöst wurde. De Cacqueray-Valmenier kommt aus einer rechtsgerichteten katholischen Familie und begann seine Laufbahn bei der monarchistischen Action française.

Es handelte sich nicht um die erste Gewalttat, die den Zouaves vorgeworfen wird. Am 1. Dezember 2018 war de Cacqueray-Valmenier mit einigen seiner Leute am Rande einer der gewalttätigsten Demonstrationen der »Gelbwesten« an der Verwüstung im Museum des Arc de Triomphe in Paris beteiligt gewesen. Dafür wurde de Cacqueray-Valmenier zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und 105 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Am 26. Januar 2019 griffen die Zouaves bei einer weiteren »Gelbwesten«-Demonstration in Paris erstmals offensiv Linke an. Dabei wurden mehrere Mitglieder der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) verletzt. In den darauffolgenden Wochen kam es zu Gegenaktionen von Linken und Antifaschisten gegen die Teilnahme faschistischer Gruppen bei den »Gelbwesten«.

Doch die Prügelei Anfang Dezember bei Zemmours Wahlkampfauftaktveranstaltung, über die in den Medien breit berichtet wurde, brachte für die Behörden das Fass zum Überlaufen. Am 5. Januar wurden die Zouaves durch einen Beschluss des Kabinetts aufgelöst. Möglich macht das ein Gesetz vom Juni 1936, das die linke Volksfront-Regierung unter Léon Blum erlassen hatte, um die als Ligen bezeichneten profaschistischen und antisemitischen Verbände zu verbieten. Zuletzt wurde es genutzt, um Ende 2020 die türkischen rechtsextremen Grauen Wölfe in Frankreich zu verbieten. Im März vorigen Jahres war die Génération identitaire verboten worden, die Hauptorganisation – jedoch nicht die einzige – der identitären Bewegung in Frankreich.

Das Verbot der identitären Gruppierung hatte den Zouaves weiteren Zulauf beschert. Ansonsten rekrutierten die Zouaves, die unter anderem den Youtube-Kanal Ouest Casual für ihre Propaganda benutzten, vor allem Fußballhooligans, insbesondere in der Fanszene des Pariser Spitzenclubs PSG. Die Zouaves stehen in direkter Tradition der rechtsextremen Studentenvereinigung Groupe union défense (GUD), die 1968 gegründet worden war und in ihren starken Jahren vor allem Jurastudierende aus sogenanntem besserem Hause rekrutierte.

Der GUD hatte seine Hochzeit in den siebziger und achtziger Jahren, verlor danach aber an Bedeutung. Nachdem sich die Organisation 2017 aufgelöst hatte, gründeten einige der ehemaligen GUD-Aktivisten eine neue Gruppierung unter dem Namen Bastion social. Diese sollte sich an den neuartigen Aktionsformen der italienischen neofaschistischen Organisation Casa Pound orientieren. Nach deren Vorbild besetzte Bastion social Häuser und richtete soziale Zentren etwa in Straßburg, Lyon und Marseille ein, um diese als Rekrutierungsbasis zu nutzen. Doch auch Bastion social wurde im April 2019 per Kabinettsbeschluss verboten. Und auch damals dienten die Zouaves als Auffangbecken für heimatlos gewordene Rechtsextreme.

Bastion social hatte jedoch nur einen Teil der früheren Kader des GUD aufgesogen. Einige der aus den Studienjahren herausgekommenen »alten Herren« hatten sich längst anderswo politisch eingerichtet. Im Rassemblement national (RN) besteht ein Teil des informellen Machtzentrums hinter der Vorsitzenden Marine Le Pen aus früheren GUD-Mitgliedern. Zu diesen zählen der Öffentlichkeit wenig bekannte Figuren wie Frédéric Chatillon, Axel Loustau und Jildaz Mahé O’Chinal. Diese scheinen Medienberichten zufolge bei der Finanzierung der notorisch verschuldeten Partei zu helfen.

Frédéric Chatillon wurde 2020 wegen Kreditbetrugs zugunsten des Front national, der sich 2018 in RN umbenannt hatte, zu zehn Monaten Gefängnis und einer Geldbuße von 250 000 Euro verurteilt. Die Partei gilt bei Banken nach wie vor als kaum kreditwürdig. 2014 hatte der damalige FN einen Kredit über neun Millionen Euro von einer Bank erhalten, die dem russischen Staat nahestehen soll. Doch die Bank hat den Kredit inzwischen an einen anderen russischen Konzern weiterverkauft und Insolvenz angemeldet; nun muss RN den Kredit bis 2028 zurückzahlen.

Die Zouaves fielen zuletzt am 15. Januar – also nach ihrem Verbot – durch martialisches Auftreten bei einer Demonstration gegen die Einführung eines Impfpasses auf. Der Impfpass wurde in Frankreich am Freitag vergangener Woche vom Verfassungsrat genehmigt. Seit Montag haben Ungeimpfte ab 16 Jahren keinen Zugang zu gastronomischen Betrieben, Stadien, Kultureinrichtungen und dem Fernverkehr.

Wegen der Teilnahme an der Demonstration vom 15. Januar wurde de Cacqueray-Valmenier eine Woche später verhaftet. Rund 200 aus ganz Frankreich angereiste Rechtsextreme sowie an der Spitze laufende Aktivistinnen hatten dabei einen »White power«-Block gebildet. Veranstalter der Demonstration war Florian Philippot. Er war 2017 als Chefberater von Marine Le Pen geschasst worden und profiliert sich seit einem Jahr mit Aufmärschen gegen die Pandemiemaßnahmen.

Auch die aserbaidschanische Justiz ermittelt gegen de Cacqueray-Valmenier. Er hielt sich im Herbst 2020 in Armenien auf, um dort eine Brigade für das – aus seiner Sicht – von muslimischen Nachbarn bedrohte christliche Land aufzustellen. Wie die Zeitschrift New Eastern Europe berichtete, hatte er damals ein Foto von sich auf Instagram gepostet, das in Sturmhaube und einer Kalaschnikow in der Hand zeigt. Auf seiner Militär­uniform ist ein Aufnäher zu sehen, der einem SS-Totenkopf nachempfunden ist.