Der Umgang des Smoothie-Herstellers True Fruit mit Sexismus- und Rassismusvorwürfen

Smoothies für echte Kerle

Kommentar Von Veronika Kracher

Der Smoothie-Hersteller True Fruits erlebte in den vergangenen Tagen einen Shitstorm wegen rassistischer Werbeslogans. Das Unternehmen mit den „Eiern aus Stahl“ reagiert mit Sarkasmus und beschimpft seine Kritikerinnen und Kritiker.

Smoothies sind nun wirklich kein Getränk, dass mit Härte, Kernigkeit und Männlichkeit assoziiert wird. Smoothies, das sind diese bunten, gesunden Getränke, in denen Obst drin ist. Auch Bild-Kolumnist Franz Josef Wagner schrieb vor einigen Jahren in einem seiner grenzsenilen Ergüsse, dass es ihm schwerfalle, eine Frau als Verteidigungsministerin anzuerkennen, da Frauen eher Smoothies trinken als Armeen befehlen würden (ob Boedica oder Katharina die Große püriertes Obst tranken, ist historisch leider nicht überliefert). Smoothies hält man für Getränke, die kein sich in seiner Geschlechterrolle selbst zurichtender Mann guten Gewissens trinken könnte, ohne sofort um symbolische Kastration fürchten zu müssen, also für ungefähr genauso männlich wie ein Aperol Spritz oder ein Cosmopolitan.

True Fruits schafft es, sich als Opfer eines Moral-Shitstorms zu gerieren, während sie ins Gesicht all jener spuckt, die von rassistischen Grenzbeamten verprügelt werden und sich dann in die Position des lässigen, ironischen Spaßmachers stellt, der alles ein bisschen lockerer sieht als die verklemmten linken Spießer.

Es gibt aber ein Unternehmen, dass diese Männer, die ansonsten lediglich rohes Steak und Craftbeer an den eigenen Körper lassen, vor Skorbut bewahrt. Der Saftladen True Fruits holt den Smoothie mit vermeintlich ironischer Werbung aus der Ecke der Luschen- und Weiberprodukte heraus und präsentiert ihn als Produkt für „echte Kerle“ – anders geht es schließlich nicht in Verhältnissen, in denen Männlichkeit stets aufs Neue darüber konstituiert wird, das Nichtmännliche abzuwerten. Der Chia-Smoothie wird etwa mit „Oralverzehr – schneller kommst du nicht zum Samenerguss“ angepriesen. Hihihi. Samenerguss. Zum Totlachen: Geschlechtsverkehr! Aber nur Sex-Witze zu machen ist nicht edgy genug: True Fruits verleiht deshalb auch einen Preis, den „Eier aus Stahl Award“, mit dem Unternehmen ausgezeichnet werden sollen, „die sich nicht verstellen, um der Masse zu gefallen“. Sich nicht verstellen bedeutet bei True Fruits unter anderem, mit rape culture Werbung zu machen. „Abgefüllt und mitgenommen“, lautet etwa einer der Werbeslogans, der an den durchschnittlichen True Fruits-Käufer – oder was sich die Firma darunter vorstellt – appellieren soll, welcher Frauen betrunken zu machen und dann „mitzunehmen“ für eine legitime Aufreißtechnik hält.

Auch die Flüchtlingspolitik hat True Fruits brillant kommentiert. Da hat man den Smoothie in eine schwarze Flasche gepackt und mit Slogans wie „Unser Quotenschwarzer“, „Schafft es nur selten über die Grenze“ und „Noch mehr Flaschen aus dem Ausland“ angepriesen. Schließlich solle man Rassismus nicht so ernst nehmen.

Geflüchtete, die im Mittelmeer ersaufen? Hey, das ist doch nicht so schlimm, tatsächlich haben sie in der True-Fruits-Welt sogar einen Nutzen: Sie sind gut für Werbezwecke und triggern die PC-Fraktion.

Das Problem ist: Es funktioniert. True Fruits erfährt zwar zu Recht Kritik von all jenen, die Rassismus nicht lustig finden. Sie antizipiert diese Kritik, um daraus weiter Kapital schlagen und sich als Opfer einer Moralkampagne von „Pissnelken“ deklarieren zu können. Nach dem Shitstorm, der auf die Werbekampagne folgte, trat der Saftladen noch einmal nach, um zu beweisen, wie stählern die eigenen Eier doch sind und nahm den Smoothie aus dem Sortiment. „Dann trinkt ihn eben niemand mehr, bedankt euch bei den ganzen Social Justice Warriors“, lautete die Botschaft an die Kritikerinnen und Kritiker – jene humorlosen Linken, die den Fans des guten Fruchtpürees ihr neues Lieblingsgetränk genommen hätten. Es dauerte nicht lange, bis sich die Teile des Internets, die ihre Zeit ansonsten damit verbringen, Frauen zu belästigen, Texte von „Achse des Guten“ zu verlinken und sich als Opfer linker Meinungsmache zu stilisieren, zur Ehrenrettung des Unternehmens aufmachten und jegliche Kritik an der Werbung mit Kommentaren wie „lol, selber Schuld wenn du getriggert bist, du Fotze“ geschickt konterten. Es handelt sich um jene Menschen, die True Fruits nicht trotz, sondern wegen einer Werbung kaufen, die gesellschaftliche Unterdrückungsmechanismen verharmlost.

Das Statement des Unternehmens zum Shitstorm unterschied sich nur marginal von den Attacken seiner Online-Armada. True Fruits veröffentlichte in einer Instagram-Story ein Video, auf dem der Rapper und antirassistische Aktivist Jamie Foxx „Fuck you“ singt. Auf diesem Wege lässt die Firma ihre Kritiker und Kritikerinnen wissen, was sie von den Vorwürfen hält, denn Kritik anzunehmen, wäre den „Eiern aus Stahl“ nicht würdig. „Ja“, gab man ganz offen zu, „Wir sind diskriminierend“, die Werbung könne von „dummen Menschen falsch verstanden werden“. Denn eigentlich sei der Slogan ein kritischer Kommentar über Rassismus gewesen: „Diese Kampagne war eine Kritik an der rechts angehauchten Politik Österreichs und die mögliche Schließung des Brenner Passes.“ Weil es bekanntlich kaum einen reflektierteren Umgang mit rassistischer Politik gibt, als sich deren Rhetorik und Ideologie anzueignen und anschließend zu behaupten, man sei eigentlich die Vorhut antifaschistischer Bildungsarbeit.

True Fruits ist das offizielle Getränk der konformistischen Revolte. Es ist das flüssige 4chan. Es ist das Getränk derjenigen, die laut für sich Meinungsfreiheit fordern und Zeter und Mordio schreien, wenn andere diese Meinungsfreiheit nutzen, um darauf hinzuweisen, dass Misogynie und Rassismus nur für autoritäre Würstchen witzig sind, die gerne nach unten treten. True Fruits schafft es, sich als Opfer eines Moral-Shitstorms zu gerieren, während sie ins Gesicht all jener spuckt, die von rassistischen Grenzbeamten verprügelt werden und sich dann in die Position des lässigen, ironischen Spaßmachers stellt, der alles ein bisschen lockerer sieht als die verklemmten linken Spießer.

Die uncoolen linken Spießer haben in der Nacht zum 16. Februar den Saftladen besucht und mit Slogans wie „Rassistenschweine“ verschönert. Und weil True Fruits eben True Fruits ist, war die Reaktion: „Irgendjemand muss die Sauerei jetzt wegmachen“, bebildert ist der Post mit Stockphotos von People of Colour. Denn die sind für die Rassisten von True Fruits, deren kompletter Mitarbeiterstab weißer ist als ein paar Tennissocken, nichts anderes als eine Punchline.