Talmi

Sprühbrühe

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Was sich die Leute alles bieten lassen! Sie sitzen in der U-Bahn bei geöffneten Fenstern und lassen den Kreissägenlärm der Fahrt aufs Trommelfell prasseln; sie akzeptieren, dass es durch die Burgerisierung der Innenstädte überall penetrant nach verbranntem Fleisch riecht. Und sie erlauben dem Deohersteller Axe, nicht nur ihre Nasen zu schänden, sondern ihren gesamten sensorischen Apparat. Die mittlerweile halbjährlich wechselnden Kampagnen, mit denen die nervigen Chemiedüfte beworben werden, sind stets eine gleichberechtigte Beleidigung für alle Sinne. Ein Entkommen gibt es nicht, sämtliche Kanäle werden abgedeckt, und die perfide Ironie, derer sich die Macher bedienen, erlaubt es sogar, den Dreck als Unterhaltung wahrzunehmen.
In der jüngsten Kampagne parasitiert der Konzern die Kriegsängste der Bevölkerung und den alten Hippie-Spruch »Make love, not war«. Zu sehen sind Diktatoren, die nach dem Beispiel der Führer Irans und Nordkoreas gezeichnet sind. Scheinbar bereiten sie eine militärische Aktion vor, in Wirklichkeit, so die Auflösung, wollen sie einfach nur ihre Frauen beeindrucken, die sich ihnen dann auch willig hingeben. Und so setzt Axe beide ins Recht: Die Gewaltherrscher, die sich anders als durch Demonstration ihrer Brutalität keine Anerkennung verschaffen können, und die Frauen, die sich ihnen gefälligst zu unterwerfen haben, wenn sie sich nicht am nächsten Krieg mitschuldig machen wollen.
Der debile Teenie, der sich die Brühe aufsprüht, kann sich dann selbst als kleiner Kim Jong-un imaginieren, für den Köpfe rollen und Frauen schmachten müssen, wenn die Welt keinen Ärger haben will – und wir müssen dann auch noch, neben Plakaten und Gestank, diese von der Werbung aufgehetzten Rotzlöffel ertragen. Danke, Axe.