IOC ohne Samaranch

Tschö, Toni

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Eine Altherrenriege sei das Internationale Olympische Komitee (IOC), ist immer wieder zu hören. Der Vorwurf ist gleichermaßen absurd und richtig. Schließlich wird jeden Tag jedes Mitglied des IOC einen Tag älter, und, auch das lässt sich beweisen, jedes Jahr feiert jedes Mitglied des IOC Geburtstag.

Nun aber wird Juan Antonio Samaranch am 16. Juli, einen Tag vor seinem 81. Geburtstag, das Amt des IOC-Präsidenten niederlegen. Als Nachfolger stehen allerlei Herren sowie eine Dame zur Verfügung. Gewählt wird wohl der Vertreter Europas, der belgische Arzt und frühere Olympia-Segler Jacques Rogge, bislang einer von zwei Stellvertretern Samaranchs. Rogge ist 58 Jahre alt, was sich zwar von Jahr zu Jahr ändern wird, gleichwohl ist die Rede von der Altherrenriege vermutlich erst mal vorbei.

Der Vorwurf der Senilität, die dem IOC anhafte, übersieht freilich den Umstand, dass das Komitee sich gerade in den vergangenen 21 Jahren modernisiert hat. Samaranch trat sein Amt 1980 an, während der schwersten Krise der Olympischen Bewegung. Damals konnte man hoffen, es wäre bald Schluss mit dem olympischen Fackeln-Fahnen-Fairplay-Quatsch: der Ausrichter der Spiele von 1976, Montreal, war faktisch pleite.

Die weltweite Krise der Staatsfinanzen verhinderte, dass weitere Kommunen auf die Schnapsidee verfielen, Milliarden in Hockeystadien und Fechthallen zu investieren. Der einzige Bewerber für das Jahr 1980 war Moskau, eine Stadt, die im IOC niemand so recht leiden konnte. Aber was tun, wenn sich keine andere bewirbt?

Für 1984 gab es wieder nur einen Bewerber. Los Angeles, kündigte an, die Spiele nicht mehr, wie seit 1936 üblich, vom Staat bezahlen zu lassen, sondern mit einem Pool privater Financiers zu arbeiten. Das wollte beim IOC auch niemand, aber immerhin führten die amerikanischen Organisatoren vor, dass auch die Olympischen Spiele prinzipiell verwertbar sind.

Für Samaranch eine interessante Information, schließlich verfügte das IOC, als er sein Amt antrat, über kein Geld, aber über das alleinige Recht, Olympische Spiele zu vergeben, woran alle anderen Rechte hängen: Fernsehbilder von diesen Spielen zu zeigen, Schokoriegel mit den olympischen Ringen zu bewerben, irgendeinen Nachwuchs-Mathematiker-Wettbewerb Olympiade zu nennen etc. Mit diesen Rechten war Geld zu machen, erkannte Samaranch, und das IOC wurde zu einer schwerreichen Einrichtung. Seitdem Los Angeles die Spiele mit Gewinn abschloss, drängeln sich die Bewerber.

Wer die Spiele im Jahr 2008 ausrichten darf, wird das IOC an diesem Wochenende ebenfalls entscheiden. Istanbul, Osaka, Paris, Peking und Toronto sind die übrig gebliebenen Bewerber. Ursprünglich waren auch Bangkok, Havanna, Kairo, Kuala Lumpur und Sevilla im Rennen gewesen. Die Ursache für dieses Gedrängel ist, dass die Olympischen Spiele den Städten Renommee, Geld und Sportstätten bescheren.

Die Verwertbarkeit der Spiele entstand mit der erfolgreichen Modernisierung des IOC Anfang der achtziger Jahre. Aus einer Clique, die bis dahin von Fidel Castro völlig korrekt als »Mafia aus Grafen, Prinzen, Millionären und Weißen« charakterisiert worden war, war auf einmal ein sehr moderner Konzern geworden, an dessen Spitze Juan Antonio Samaranch stand.

Warum man diesem Verein mit diesem Präsidenten am häufigsten den Vorwurf machte, er sei eine Altherrenriege, habe ich noch nie verstanden.