Angst vor den Demokraten

Die serbische Öffentlichkeit fürchtet die Rückkehr von Bill Clintons Kosovo-Kriegern. von boris kanzleiter, belgrad

Wenn es um die Beurteilung des amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika geht, liegt die serbische Öffentlichkeit ganz im Mainstream des alten Europa. George W. Bush gilt als unkultiviert, dumm und aggressiv. Aber je näher die Präsidentschaftswahlen in den USA kommen, desto deutlicher verfestigt sich auch ein anderer Eindruck. Denn während die meisten Europäer in John Kerry den friedlicheren und sympathischeren Kandidaten sehen, halten die Serben den Herausforderer von der Demokratischen Partei noch für schlimmer als den ungeliebten Texaner.

Den Ton der öffentlichen Debatte um die Präsidentschaftswahlen gab vor einigen Wochen Präsident Boris Tadic vor. In einem persönlich gehaltenen Brief an George W. Bush zum dritten Jahrestag der terroristischen Angriffe auf die USA am 11. September schrieb er, Amerika könne »sich glücklich schätzen, Sie an seiner Spitze zu haben«. Während man diese Äußerungen noch als Floskeln werten könnte, gilt dies nicht für den Versuch der serbischen Politik, sich in der Kosovo-Frage zum Trittbrettfahrer im Kampf der USA gegen den islamistischen Terrorismus zu machen. So beklagte Tadic gegenüber Bush, dass im Kosovo »christliche heilige Orte und diejenigen, die darin beten wollen, in tödlicher Gefahr« schwebten und von albanischen Terroristen bedroht würden. Er bedankte sich außerdem ausdrücklich beim US-amerikanischen Nato-Befehlshaber für Südeuropa, Admiral Gregory Johnson, für den Einsatz der Kosovo-Truppe Kfor gegen albanische Extremisten bei antiserbischen Pogromen im vergangenen März.

Während Tadic einen Kommentar zu den Präsidentschaftswahlen diplomatisch umgeht, bringt Michael Djordjevich von der Lobby-Organisation Serbian Unity Congress die Meinung vieler serbischer Analysten auf den Punkt: Die Bush-Administration habe in Bezug auf Serbien zwar »keine klare positive Position bezogen«, mit den Demokraten drohe es jedoch, »äußerst düster« zu werden. Tatsächlich lässt Kerry keine Zweifel aufkommen, dass er an die von der Clinton-Administration betriebene politische und militärische Unterstützung der bosnischen Muslime, Kroaten und Kosovo-Albaner gegen Serbien in den Kriegen der neunziger Jahre anknüpfen möchte. In einem »Sieben-Punkte-Plan für den Balkan« verspricht Kerry, er werde die verloren gegangene »amerikanische Führung auf dem Balkan« wiederherstellen. Das Kernelement dabei ist, neben viel Menschenrechtslyrik, die politische Vollendung der militärischen Kosovo-Intervention von 1999 auf Seiten albanischer Nationalisten. Kerry verspricht: »Über den zukünftigen Status des Kosovo sollte so schnell wie möglich entschieden werden.«

Solche Aussagen können in Belgrad nur als Drohung verstanden werden. Die Skepsis wird zusätzlich durch die Rückkehr von Bill Clintons Kosovo-Kriegern ins Zentrum des Außenpolitikteams von Kerry verstärkt. Dort findet sich mit Senator Joseph Biden ein prononcierter Lobbyist für die albanische Sache. Er brachte Anfang 1999 die Resolution 21 in den Kongress ein, welche Clinton die Erlaubnis für die elfwöchige Bombardierung Serbiens gab. Auch General Wesley Clark, zum Zeitpunkt des Kosovo-Krieges Oberbefehlshaber der Nato, ist eine wichtige Figur im Kerry-Team. Genauso wie Richard Holbrook. Clintons Mann fürs Grobe auf dem Balkan hat die Serben während einer Fernsehtalkshow schon einmal als »mörderische Arschlöcher« bezeichnet und zog im Juni 1998 persönlich die Wanderstiefel an, um in einem UCK-Lager den nationalistischen Extremisten seine Unterstützung zuzusichern. Jetzt gilt er als aussichtsreicher Bewerber um den Posten des Außenministers unter einem Präsidenten Kerry.