Eine neue kommunistische Partei hat den Konkurrenzsekten den Kampf angesagt

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Kommentar Von Bernhard Torsch

Die werktätigen Massen können aufatmen: Eine neue kommunistische Partei wurde gegründet – sie heißt Kommunistische Partei. Den Revisionisten in den Konkurrenzsekten hat sie den Kampf angesagt.

Die DKP und MLPD bekommen Konkurrenz: Eine neue Sekte ist her­angewachsen, die ab sofort ganz offiziell die Position als einzig wahre Vertreterin der Proletarier für sich beansprucht. Darunter tut es eine deutsche linksextreme Partei bekanntlich nicht. In anderen Worten: Deutschland hat eine neue Kleinstpartei, die »Kommunistische Partei« (KP).

Die KP ging aus der Kommunistischen Organisation (KO) hervor, die Ende Juni bei einem Kongress entschied, dass nun endlich die Zeit gekommen sei, sich zur Partei zu deklarieren. Auf ihrer Website kann man nachlesen, warum diese historische Entscheidung gerade jetzt gefallen ist: Kürzlich habe es in der KO eine »Rechtsabspaltung« gegeben, mit der man sich seitdem um den Namen »Kommunistische Organisation« gestritten habe. Der »ungelöste Namensstreit« und das sich daraus ergebende »Verwechslungspotential« habe man für »äußerst schädlich« gehalten und »es erschien uns unsinnig, uns einen anderen Namen zu geben, wenn die Parteigründung, und damit eine weitere Umbenennung ohnehin in der nahen Zukunft anstünde«.

Man will selber Pate/Papst/Generalsekretär/Bruder Nummer eins sein, und wenn man den bisherigen Paten/Papst/Generalsekretär/Bruder Nummer eins nicht auf gute alte Art, also per Genickschuss, entsorgen kann, gründet man eben einen Konkurrenzverein.

Aber warum eine neue Partei gründen, wo es doch schon mehrere gibt, die sich seit jeher »kommunistisch« nennen? Weil in DKP und MLPD – zwei mittlerweile mit jeweils etwa 2.800 Mitgliedern gleichstarke Parteien – lauter Revisionisten hocken, hieß es schon bei der KO, was die MLPD in ihrer Zeitschrift Rote Fahne, die lustiger ist als die Titanic, damit konterte, die Positionen der KO einer »klein­bürgerlich-revisionistischen Denkweise« zuzuordnen und von der »kleinbürgerlichen Eitelkeit« ihrer Gründer zu schreiben.

Ein offenbar unüberwindbarer Streitpunkt zwischen der MLPD und der neuen KP ist die Frage, ab wann die UdSSR kein sozialistischer Staat mehr gewesen sei. Die MLPD meint, nach dem Tod Stalins sei die gute Sache schiefgegangen, denn dann habe eine »kleinbürgerlich entartete Bürokratie« das Ruder übernommen. Für die KP dagegen war die Sowjetunion und mit ihr der »Ostblock« bis 1989 immer noch ein bisschen sozialistisch.

Das Movens hinter der neuen Parteigründung ist dasselbe wie bei allen Banden, die auf Autorität und Gewalt bauen: Man will selber Pate/Papst/Generalsekretär/Bruder Nummer eins sein, und wenn man den bisherigen Paten/Papst/Generalsekretär/Bruder Nummer eins nicht auf gute alte Art, also per Genickschuss, entsorgen kann, gründet man eben einen Konkurrenzverein.

»Der Kampf gegen Opportunismus und Revisionismus«

Was aber sagen die Maoisten zu dieser neuen Partei, die den Anspruch erhebt, die Partei zu sein? Was die Trotzkisten und die echten Trotzkisten, die sich von den revisionistischen Trotzkisten abgespalten haben, bevor sie in fünf weitere Einzelsekten zerfielen? Wie steht es um die Anarchisten oder die Fanonisten, die stark im Kommen sind?

Es ist zum Glück nicht nötig, sie einzeln zu befragen, denn sie äußern sich ganz von sich aus auf Blogs und in jenen sozialen Medien, die sie nicht aus Prinzip boykottieren. Neben den üblichen wechselseitigen Exkommunikationen aus der Gemeinschaft der wahrhaft echten Linken gibt es da schon auch Stimmen, die völlig richtig vor dem Aufleben dieser neuen dogmatischen und autoritären Linken warnen.

Wie berechtigt diese Warnungen sind, beweist die Lektüre der schon älteren programmatischen Thesen der KO. In einem ganzen Kapitel (»Der Kampf gegen Opportunismus und Revisionismus«) lassen diese Linksautoritären ihren Säuberungsphantasien freien Lauf.

Am ehesten vergleichbar sind solche Parteien mit hierarchisch, ja paramilitärisch organi­sierten Banden wie den Hells Angels, die eine ähnliche Anziehungskraft auf Menschen haben, die von bürgerlichen Freiheiten überfordert sind.

Da lebt die unter Stalin propagierte Sozialfaschismusthese wieder auf (»Von besonderer Bedeutung ist für die kommunistische Bewegung der Kampf gegen die Sozialdemokratie«), da wird die »Charakterschwäche der Arbeiterführer« attackiert, da wird anklagend mit verbalen Ausschimpffingern gegen Maoisten, Hoxhaisten (ja, die gibt es auch noch) und natürlich Trotzkisten gefuchtelt.

Die »Kommunistische Partei« ist also ein weiteres Angebot an autoritäre Charaktere, die sich eine Befreiung nur hinter Stacheldrahtzäunen vorstellen können und die gerne darüber entscheiden würden, wer leben darf und wer nicht. Am ehesten vergleichbar sind solche Parteien mit hierarchisch, ja paramilitärisch organi­sierten Banden wie den Hells Angels, die eine ähnliche Anziehungskraft auf Menschen haben, die von bürgerlichen Freiheiten überfordert sind, bloß mit dem Unterschied, dass es Rockerbanden um Territorien und Anteile am Kuchen des illegalen Teils der Ökonomie geht, während autoritäre linksextreme Parteien alle und alles beherrschen möchten – natürlich nur zum Besten von allen und ­allem, gell?