Doris Hermanns schreibt über deutschsprachige jüdische Schriftstellerinnen im britischen Exil

Wie man Hitler bezwingt

Platte Buch Von Gabriele Haefs

<p>Zwischen 1933 und 1945 fanden viele deutschsprachige Schriftstellerinnen jüdischer Herkunft, darunter Veza Canetti, Hilde Spiel, Gabriele Tergit und Charlotte Wolff, in Großbritannien eine Zuflucht</p>

Zwischen 1933 und 1945 fanden viele deutschsprachige Schriftstellerinnen jüdischer Herkunft, darunter Veza Canetti, Hilde Spiel, Gabriele Tergit und Charlotte Wolff, in Großbritannien eine Zufluchtsstätte. Über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Frauen im britischen Exil sei bisher nur wenig bekannt, schreibt Doris Hermans zu Beginn ihrer Studie »Und alles ist hier fremd«. Auf­gewachsen in einer Zeit, in der Französisch die Fremdsprache des Bildungsbürgertums war, verfügten die Exilantinnen zumeist über keinerlei Englischkentnisse. Bereits die Beschaffung der Visa war somit ein Problem, zumal die britischen Behörden kaum Flüchtlinge duldeten, die keine Aussicht auf eine Arbeitserlaubnis hatten. Frauen hatten es etwas leichter als Männer, sie durften immerhin Stellen als Haushaltshilfen oder Landarbeiterinnen in Großbritannien annehmen. Eine andere Möglichkeit bot die Eheschließung mit einem Briten. So ehelichte Erika Mann den Dichter Wystan Hugh Auden, der sein Ehegelübde »mit dem größten Vergnügen« bekundete und der offen lesbisch lebenden Autorin für den Rest ihres Lebens freundschaftlich verbunden blieb. Andere Männer ließen sich für eine Scheinehe bezahlen, in einem Fall entpuppte sich der Gatte als Bigamist und die Ehe wurde für ungültig erklärt.

Doris Hermans gewährt unbekannte Einblicke in die Exilliteraturszene in London und stellt die Lebensgeschichten weniger bekannnter Autorinnen vor. Etwa die der äußerst umtriebigen jüdischen Antifaschistin Hilde Meisel, die ihrer drohenden Ausweisung aus dem britischen Exil 1938 durch die Eheschließung mit dem homosexuellen Kabarettsänger John Olday zuvorkam. Meisel zu verdanken sind die zusammen mit Fritz Eberhard verfassten Schriften »How to conquer Hitler« (1940) und »Help Germany to revolt!« (1942).

Doris Hermans: »Und alles ist hier fremd«. Deutschsprachige Schriftstellerinnen im britischen Exil. Aviva-Verlag, Berlin 2022, 240 Seiten, 22 Euro