Die sozialdemokratische Antwort auf Wohnraumknappheit ist Eigentum

Der Traum vom Eigenheim

Kommentar Von Fabian Kunow

Die neue Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) will die Eigentümerquote steigern.

23 Jahre lang wanderte das Ressort Bauen von Bundesministerium zu Bundesministerium, was zeigte, wie wenig Bedeutung dieser staat­lichen Aufgabe zugemessen wurde. Nun gibt es wieder ein eigenständiges Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, geführt von Klara Geywitz (SPD). Diese gab ihr erstes größeres Interview im Amt dem Tagesspiegel, also einer Zeitung, die vehement gegen die Bürgerinitiative »Deutschen Wohnen & Co. ent­eignen« agitiert hatte. »Mit einer Enteignung entsteht keine neue Wohnung«, dem bekannten Mantra der Enteignungsgegner, zitierte diese dann auch in der Überschrift Geywitz, die im Interview immerhin noch den Nebensatz »es ändert sich nur die Eigentümerstruktur« folgen ließ. Genau das könnte jedoch den 85 Prozent der Berlinerinnen und Berliner, die zur Miete wohnen, auf dem Wohnungsmarkt ein wenig Luft verschaffen.

Doch SPD-Politikerinnen wie Geywitz oder auch die neue Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, vertreten die marktgläubige Annahme, dass sich prinzipiell mit jeder fertiggestellten Wohnung das Marktgleichgewicht zugunsten der Mieter verschiebt – ganz im Sinne von Angebot und Nachfrage. Ohnehin scheinen Mietende nicht die Klientel der neuen Bauministerin zu sein. Geywitz sagte dem Tagesspiegel, sie möchte »eine gute Förderung etwa für Mittelschichtsfamilien mit zwei Kindern, die gerne ein Haus bauen würden«. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, sei eine niedrigere Grunderwerbssteuer auf die erste selbstgenutzte Immo­bilie. Denn, so Geywitz weiter: »Die meisten Menschen kaufen eine Wohnung oder ein Haus einmal in ihrem Leben.« Oder halt gar nicht, schließlich wohnen hierzulande 58 Prozent aller Haushalte zur Miete.

Die Eigentümerquote durch Subvention beziehungsweise Steuer­erleichterung zu steigern, ist eigentlich klassisch konservative Politik. Das vollendete Glück sei, wenn Vater, Mutter und zwei Kinder in einem Haus mit Garten und Zaun zum Nachbarn wohnen. Allerdings bedeutet Scheidung bei einem solchen Lebensmodell nicht nur das Ende der Beziehung, sondern meist auch große ökonomische Probleme, denn aus einem noch nicht abbezahlten Haus kann man nicht zwei machen.

Unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wurde 1995 die Eigenheimzulage eingeführt. Diese behielten auch die nachfolgenden Regierungen bis 2005 bei. Es war eines der größten Subventionsprogramme der Bundesrepublik. Die Eigenheimzulage förderte den Häuslebau in den suburbanen Speckgürteln und sorgte für einen Anstieg des Eigentumswohnungsanteils in den angesagten Alt­bauquartieren der Großstädte – eine damals bedeutender Schritt in Richtung auf das, was heutzutage den Namen Gentrifizierung trägt. Auch dabei gilt Geywitz’ Satz: Es »entsteht keine neue Wohnung, es ändert sich nur die Eigentümerstruktur«, denn die neuen Wohnungseigentümer verdrängten die alten Mieter.

Das zweite »innovative Modell« trägt den Namen »Miet-Kauf«. Der Staat baut Wohnungen und die Mieter zahlen über einen langen Zeitraum mit ihrer Miete die Wohnung ab. Sie werden so ohne vorheriges Eigenkapital zu Wohnungseigentümern – eventuell, irgendwann, wenn sie denn ihre Raten immer zahlen können. Warum der Staat die von ihm gebauten Wohnungen aus der Hand geben soll, wird nicht weiter begründet. Beim Miet-Kauf privatisiert der Staat seinen Wohnraum an Familien und nicht an Fonds. Dass die neuen Eigentümer später selbst ihre Wohnungen an Deutsche Wohnen oder sonst wen verkaufen und so große Konzerne wieder an ehemals mit Steuergeldern gebaute Wohnungen kommen, ist nicht ausgeschlossen.