Die chinesischen Konfuzius-Institute in Deutschland werden vermehrt kritisiert

Konfuzius wünscht keine Kritik

Die Konfuzius-Institute sollen das Ansehen Chinas verbessern. In Deutsch­land wird die Kritik an den Kultur- und Sprachinstituten lauter, weil zwei von ihnen die Lesung einer Biographie des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping abgesagt haben.

Zensur, Einflussnahme, Propaganda – die in den vergangenen Wochen vermehrt geäußerten Vorwürfe gegen die von Deutschland und China paritätisch finanzierten Konfuzius-Institute hierzulande wiegen schwer. Mit den 2004 unter der Ägide des damaligen chinesischen Staatspräsidenten Hu Jintao ins Leben gerufenen Kultur- und Sprachinstituten im Ausland hatte die chinesische Regierung eigentlich das Ansehen der Volksrepublik verbessern wollen.

Inzwischen gibt es weltweit rund 500 Konfuzius-Institute, 19 davon befinden sich in Deutschland. Die meisten Institute sind Universitäten angegliedert und erhalten von diesen auch die Hälfte ihres Budgets. In Deutschland ist das bei 15 Instituten der Fall. Diese werden von einem deutschen und einem chinesischen Direktor gemeinsam ge­leitet, Letzterer wird in der Regel von der chinesischen Partneruniversität der betreffenden deutschen Hochschule entsandt. Die Institute unterstehen von chinesischer Seite neuerdings einer Stiftung mit Sitz an der Fremdsprachen-Universität in Peking.

Nur wenige Konfuzius-Institute in Deutschland betreiben unverhohlene Propaganda im Sinne der chinesischen Regierung.

Ende vorigen Monats berichtete der Spiegel über einen Brief der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) an die Hochschulrektorenkonferenz, in dem diese dazu aufrief, »die Rolle der Konfuzius-Institute in der deutschen Hochschullandschaft neu zu bewerten und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen«. Sie empfehle den betreffenden Hochschulen, »ihre Zusammenarbeit mit den Instituten prüfend zu hinterfragen« und sich mit der Einflussnahme Chinas »dezidiert auseinanderzusetzen«.

Karliczeks Schreiben markiert einen bemerkenswerten Sinneswandel, den die Bundesregierung seit der Eröffnung der erste Institute in Deutschland 2006 vollzogen hat. Noch 2016 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), in deren ehemaligem Bundestagswahlkreis die Stadt Stralsund liegt, an den Eröffnungsfeierlichkeiten des dortigen Konfuzius-Instituts teilgenommen und ihre Freude darüber ausgedrückt, »dass es so ein Institut jetzt auch in meiner politischen Heimat gibt«. Vorige Woche gestand Merkel in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters jedoch ein, dass man an manche Kooperation mit China etwas zu unvoreingenommen heran­gegangen sei. »Da wird heute mit Recht genauer hingeschaut«, sagte sie.

Grund für solche Äußerungen und die wachsende öffentliche Kritik an Chinas Politik ist sicherlich, dass diese unter der Führung von Xi Jinping, Staatspräsident der Volksrepublik und Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), immer autoritärer und aggressiver geworden ist. Dazu passt auch das Auftreten chinesischer Diplomaten, das unter dem Stichwort »Wolfskriegerdiplomatie« (in Anlehnung an die chinesische Actionfilm-Reihe »Wolf Warrior«) international immer wieder für Schlagzeilen sorgt.

Aber weshalb wird in Deutschland ausgerechnet jetzt vermehrt Kritik an den Konfuzius-Instituten geäußert? Ende Oktober hatte die vom Chefredakteur der Welt/N24-Gruppe, Stefan Aust, und dem ehemaligen Asienkorrespondenten des Stern, Adrian Geiges, verfasste Biographie »Xi Jinping – der mächtigste Mann der Welt« (Piper-Verlag) bei einer Online-Lesung in den Konfuzius-Instituten an der Leibniz-Universität Hannover und der Universität Duisburg-Essen vorgestellt werden sollen. Die Institute sagten die Lesungen jedoch ab, Medienberichten zufolge nach chinesischer Einflussnahme. Kurz zuvor hatten die beiden Autoren ihr Buch am Konfuzius-Institut in Leipzig noch vorstellen dürfen.

Einer Pressemitteilung des Verlags zufolge hatte der chinesische Generalkonsul in Düsseldorf, Feng Haiyang, sich in Duisburg persönlich eingeschaltet, um die Veranstaltung zu verhindern. »In Hannover intervenierte die Tongji-Universität Shanghai, die das Institut gemeinsam mit der Leibniz-Universität betreibt«, hieß es von Verlagsseite. Darüber hinaus habe eine Mitarbeiterin der Konfuzius-Institute gesagt: »Über Xi Jinping kann man nicht mehr als normalen Menschen reden, er soll jetzt unantastbar sein und unbesprechbar.«

Erst vorvergangene Woche verabschiedete das Zentralkomitee (ZK) der KPCh eine sogenannte historische Resolution zur Geschichte der Partei und bekräftigte damit den Führungsanspruch Xis. Zuvor hatte die Partei in ihrer 100jährigen Geschichte nur 1945 unter Mao Zedong und 1981 unter Deng Xiaoping ähnliche Resolutionen verabschiedet. Das Abschlusskommuniqué der Plenartagung des ZK nennt Xi nun »Haupt­urheber« der »Xi-Jinping-Gedanken zum Sozialismus mit chinesischen Besonderheiten für eine neue Ära«.

Die Ursprünge der Konfuzius-Institute lassen sich bis 2002 zurückverfolgen. Damals begann die chinesische Regierung, aktiv den weltweiten Aufbau von Kultur- und Sprachinstituten nach dem Vorbild der deutschen Goethe-Institute zu betreiben. Nach eigener Aussage geht die Namensgebung auf die damalige Bildungsministerin Chen Zhili zurück. Ihre Entscheidung begründete sie unter anderem mit Konfuzius’ internationalem Ansehen als ­bedeutender chinesischer Philosoph.

Bis Ende vorigen Jahres war Hanban, das Staatliche Führungsgruppenbüro für die internationale Verbreitung der chinesischen Sprache, das dem chinesischen Bildungsministerium unterstellt ist, für die Institute zuständig. Als Reaktion auf die wachsende Kritik an den Instituten und ihrer Nähe zum Propagandaapparat der KPCh wurde die Verantwortung für die Institute inzwischen an die von der chinesischen Regierung als NGO bezeichnete Chinese Internati­onal Education Foundation übertragen.

Das Kooperationsmodell der lnsti­tute war bereits in den vergangenen Jahren immer wieder kritisiert worden. NGOs, Universitäten und Regierungen hatten die Sorge geäußert, dass die Wissenschaftsfreiheit in den Instituten nicht gewährleistet werden könne. Voriges Jahr beendeten die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und die Uni­versität Hamburg ihre Zusammenarbeit mit den dortigen Instituten. Diese Woche teilte außerdem die Universität Bonn mit, dass sie ihren Vertrag mit dem dortigen Institut nicht verlängern werde.

In einer Stellungnahme zur Absage der Buchvorstellung in Duisburg ließ das dort ansässige Institut mitteilen, es sei das erste Mal, dass etwas Derartiges vorgekommen sei. Zumindest in Hamburg war es aber bereits 2014 zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Anlässlich des 25. Jahrestags des Tiananmen-Massakers hatte das dortige Konfuzius-Institut ein Podiumsgespräch über die »Umbrüche« von 1989 in China und Deutschland organisiert. Als Gäste ­waren die ehemalige Chinakorrespondentin des ZDF, Gisela Mahlmann, und der kritische chinesische Journalist Xiu Haitao geladen. Nach Informationen der Jungle World versuchte das örtliche chinesische Generalkonsulat auch hier, die Veranstaltung zu verhindern.

Anders als in Duisburg und Hannover widersetzte man sich in Hamburg zunächst der versuchten Einflussnahme und hielt an der Veranstaltung fest. Erst als der chinesische Direktor des Instituts plötzlich zurück in die Volksrepublik beordert wurde, sagte die ­Institutsleitung die Veranstaltung ab, angeblich aus »organisatorischen Gründen«. Obwohl das Institut diesen Vorfall nicht öffentlich gemacht hatte, erreichte die Nachricht von der Abberufung des chinesischen Direktors durch interne Chatgruppen der chinesischen Mitarbeiter auch andere Konfuzius-Institute im Bundesgebiet, wie die Jungle World 2015 von Mitarbeitern erfuhr. Zum Hintergrund der Abberufung kursierten verschiedenste Gerüchte, was die Tendenz zur Selbstzensur in manchen Instituten sicherlich noch be­feuert hat. »Als Direktor braucht man eben ein gewisses Gespür dafür, welche Themen sensibel sind«, so eine Mitarbeiterin damals.

Der Politologe und Sinologe Andreas Fulda von der University of Nottingham fordert bereits seit langem, dass die deutschen Universitäten sich von den Instituten trennen. Diese sollten eigenständig ihre Veranstaltungen durchführen, dann wüssten deutsche Bürgerinnen und Bürger, die zu diesen Vorträgen gehen, woran sie seien, sagte er kürzlich im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk. Es sei absurd, dass deutsche Universitäten jahrelang ihren Namen hergegeben hätten, um eine Organisationen, die unter der Kontrolle der KPCh steht, zu bemänteln.

Einige Sinologen wehren sich indes gegen den Vorwurf, die Institute betrieben Propaganda und führten zu Selbstzensur an deutschen Universitäten. Die am Institut für Sinologie der Universität Heidelberg tätige Sinologin Marina Rudyak schreibt auf Twitter, dass kri­tische Veranstaltungen an ihrem Institut trotz Kooperation mit dem dortigen Konfuzius-Institut durchaus möglich seien.

Tatsächlich ist unverhohlene Propaganda an den meisten Konfuzius-Instituten in Deutschland eher selten. Vor allem aber die nicht an eine Universität angegliederten Institute, etwa das Konfuzius-Institut in München, laden immer wieder chinesische Regierungsvertreter ein und betreiben aktiv Propaganda im Sinne der chinesischen Regierung.