Funktionäre der Ditib äußern sich immer wieder antisemitisch und islamistisch

Verband der Einzelfälle

Immer wieder fallen Funktionäre des Islamverbands Ditib, der direkt der türkischen Religionsbehörde untersteht, durch antisemitische, islamistische und türkisch-nationalistische Äußerungen auf.

In der Zeitschrift Demokratie-Dialogder Göttinger »Forschungs- und Dokumentationsstelle zur Analyse politischer und religiöser Extremismen in Niedersachsen« erschien kürzlich ein Aufsatz, der mehrere antisemitische, islamistische und türkisch-nationalistische Beiträge von Funktionären des Ditib-Landesverbands Niedersachsen und Bremen thematisiert. Der Politikwissenschaftler Marvin Hild hatte in den sozialen Medien nach öffentlich einsehbaren Profilen von niedersächsischen Ditib-Funktionären gesucht. ­Insgesamt habe er 34 Accounts in seine Untersuchung einbezogen, auf sechs davon habe er problematische Inhalte gefunden.

So kommentierte der Beisitzer im Vorstand des Ortsverbands Hannover, Yunus Yazici, ein Video mit dem Titel »Stop terror in Gaza« wie folgt: »Ihr verfluchten Israelis, möget ihr in der Hölle schmoren. Ich verfluche euch und Hitler, dass er euch nicht aus­gerottet hat.« Der Vorstand der Osnabrücker Gemeinde, Ramazan Karacan, teilte unter anderem die Karikatur einer Israel-Fahne, bei der der Davidstern aus Stacheldraht besteht und sich in dessen Mitte ein Vampir befindet. Neben Bekenntnissen zur Ülkücü-Bewegung (Graue Wölfe) fand Hild auch offensichtlich islamistische Inhalte. So teilte der Kassenwart der Ditib-Gemeinde Hildesheim, Hakan Karaduman, einen Beitrag mit dem Titel »Die Verfassung, die Muslime wollen«. Diese beinhalte demnach Allah als bedingungslosen Souverän, den Islam als Regierungsform und Verbote, die sich explizit aus ­Koran und Sunna ableiten.

Neben Bekenntnissen zur Ülkücü-Bewegung (Graue Wölfe) fand Marvin Hild auf öffentlichen Pro­­filen von niedersächsischen Ditib-Funktionären auch islamis­­ti­­sche und antisemitische Inhalte.

»Diese nicht repräsentative Untersuchung kann nicht als Beleg für systemische Missstände innerhalb des Ditib-­Landesverbands Niedersachsen und Bremen gelten«, sagte Hild im Gespräch mit der Jungle World. »Gleichwohl zeigt sie deutlich, dass der Fall Keskin kein singuläres Phänomen ist und dass es auch in anderen Gemeinden Vorstandsmitglieder gibt, die sich auf öffentlich einseh­baren social media-Profilen klar antisemitisch, radi­kalislamisch-antidemokratisch oder türkisch-rechtsextrem äußern.«

Im Februar hatte der Jugendverband Die Falken antisemitische und verschwörungsideologische Beiträge des damaligen Vorsitzenden der Göttinger Ditib-Gemeinde, Mustafa Keskin, bekanntgemacht. Gegen diesen wurde inzwischen Anklage wegen Volksverhetzung erhoben, das Göttinger Amtsgericht hat den ­Prozess aber wegen Krankheit des Beschuldigten verschoben.

Der Welt sagte der Abteilungsleiter für Außenbeziehungen des Ditib-­Bundesverbands, Zekeriya Altuğ, damals, dass die Beiträge Keskins eine Haltung wiedergäben, die der ­Verband nicht dulde. Allerdings warnte er auch vor einer Stigmatisierung der Ditib und bezeichnete das Vorgehen der Falken als »kontraproduktiv«. Warum der Göttinger Imam über Jahre hinweg ungehindert antisemitische Propa­ganda verbreiten konnte, erklärte Altuğ trotz eines Versprechens der Aufarbeitung bislang nicht.

Zu den neuen Vorwürfen antwortete die Geschäftsführerin des Ditib-Landesverbands Niedersachsen und Bremen, Emine Oğuz, auf eine Anfrage des NDR, »dass diese Posts weder die Haltung der Ditib widerspiegeln noch für uns als Landesverband oder Moscheevereine vertretbar sind«.

Allerdings gibt es auch in anderen Landesverbänden der Ditib immer wieder Probleme mit Antisemitismus und antidemokratischem Denken. Der Landesvorsitzende der Ditib Rheinland-Pfalz, Yılmaz Yıldız, trat im März zurück, nachdem sein Verband den umstrittenen türkischen Historiker Ahmet Şimşirgil zu einem Online-Vortrag eingeladen hatte. Dieser ist regelmäßig in AKP-nahen Medien in der Türkei präsent und geißelt dort den Vatikan als »Zentrum der Homosexualität« oder berichtet über »zionistische Verschwörungen gegen das Osmanische Reich«. In einer Stellungnahme schrieb Yıldız von einer »fahrlässigen Fehlentscheidung«, kritisierte aber auch die »reißerische Berichterstattung« darüber, die »jeder Verhältnismäßigkeit und Logik entbehren« ­würde. Die Veranstaltung wurde ab­gesagt.

Der Imam einer Stuttgarter Ditib-Moschee, Hasan Çağlayan, lobte im April einem Bericht des Recherchenetzwerks Deutschland (RND) vom 21. Juni zufolge in einem Facebook-Beitrag ausführlich und ausdrücklich das Hamas-Gründungsmitglied Ahmed Yassin, der als geistiger Führer der Terrororganisation galt. Nach einer Anfrage des RND habe Çağlayan zunächst den Post und dann sein Profil gelöscht.

Angesichts dieser Fülle an Vorfällen bewertet der Politikwissenschaftler Lars Rensmann die Zustände bei der Ditib kritischer als Hild. »Wenn immer wieder über einen längeren Zeitraum hinweg solche teils aggressiv antisemitischen Äußerungen von führenden Mitgliedern getätigt und daraus keine Konsequenzen gezogen werden, kann man durchaus von institutionellem Antisemitismus sprechen«, sagte Rensmann im Gespräch mit der Jungle World. »Die Ditib hat bisher nicht ausreichend erkennen lassen, daran etwas zu ändern.«