In Sri Lanka verfolgt der neue Prä­sident eine singhalesisch-nationalistische Politik

Mit den Rajapaksas nach rechts

In Sri Lanka hat Gotabaya Rajapaksa die Präsidentschaftswahl gewonnen. Auch seine Brüder besetzen hohe Positionen. Sie verfolgen eine singhalesisch-nationalistische Politik.

Für drei Brüder einer rechten Familiendynastie bedeutete die Präsidentschaftswahl in Sri Lanka vom 16. November einen enormen Machtzuwachs: Gotabaya, Mahinda und Chamal Rajapaksa. Vor allem Angehörige der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit haben dem ehemaligen Oberbefehls­haber der Armee, Gotabaya Rajapaksa, zum Wahlsieg verholfen. Unterstützt wurde er vom Bündnis Sri Lanka People’s Freedom Alliance unter Mahinda Rajapaksa. Dem Bündnis gehören neben den singhalesisch-nationalistischen Familienparteien Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP), der auch Gotabaya Rajapaksa angehört, und Sri Lanka Freedom Party (SLFP) 15 weitere kleine Parteien an. Die Mehrheit der Singhalesinnen und Singhalesen ist buddhistisch. Die SLPP, deren Parteifahne eine Lotus­blume als buddhistisches Symbol ziert, vertritt diese Bevölkerungsmehrheit, weswegen Angehörige diverser ethnischer und religiöser Minderheiten Einschränkungen ihrer Bürgerrechte und andere Nachteile befürchten; auch Journalisten und politisch Engagierte warnen vor einer solchen Entwicklung.

Nach Rajapaksas Wahlsieg legte der bisherige Premierminister und Vor­sitzende der United National Party (UNP), Ranil Wickremesinghe, sein Amt nieder. Gotabaya Rajapaksa ernannte erwartungsgemäß sofort seinen jüngeren Bruder, den ehemaligen Präsidenten (2005 bis 2015) Mahinda Rajapaksa, zum neuen Premierminister. 2018 war es zu einer Regierungskrise gekommen, nachdem der damalige Präsident, Maithripala Sirisena, Wickremesinghe zugunsten von Mahinda Rajapaksa ­eigenmächtig abgesetzt hatte (Jungle World 45/2018); nach Protesten setzte er Wickremesinghe schließlich wieder ein. Nach dessen Rücktritt vorige Woche wurde auch ein neues Übergangskabinett ernannt, das bis zu den Parlamentswahlen 2020 bestehen soll, da weder das Bündnis um die UNP noch die United People’s Freedom ­Alliance (UPFA), die Vorgängerin der Sri Lanka People’s Freedom Alliance, im Parlament eine Mehrheit hat.

Mahinda Rajapaksa ist künftig unter anderem für Verteidigung, Sicherheit, Finanzen, Kultur, ökonomische Entwicklung, Wasserversorgung und Stadtentwicklung verantwortlich. Ein weiterer Bruder, Chamal Rajapaksa, ist als Minister für Landwirtschaft und Handel Mitglied der Übergangsregierung. Lediglich eine Frau, Pavithra Wanniarachchi, gehört dem Kabinett an, sie ist Ministerin für Gesundheit und Frauenangelegenheiten.

Die Brüder Rajapaksa sind umstritten, weil es unter der Präsidentschaft ­Mahinda Rajapaksas zu schwerwiegenden Menschenrechts- und Kriegs­verbrechen kam. Von 1983 bis 2009 herrschte ein Bürgerkrieg in Sri Lanka. Die tamilische Minderheit, deren militante Vertreter in erster Linie die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) waren, fühlte sich unterdrückt und forderte ein selbstverwaltetes Land namens »Tamil Eelam«. 2009 siegten die Regierungstruppen, ihr Vorgehen wird ­immer noch scharf kritisiert. Einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge kamen die meisten der 2009 getöteten Zivilistinnen und Zivilisten in »No Fire Zones« ums Leben.

 

Die Regierung hatte diese Schutzzonen zunächst festgelegt und dann selbst bombardiert. Damaliger Oberbefehlshaber der Armee und somit für die Kriegsverbrechen verantwortlich war Gotabaya Rajapaksa.

Seit damals protestieren Angehörige der tamilischen Minderheit für eine Aufarbeitung der Kriegsverbrechen, Reparationen, die Rückgabe von Grundstücken und die Entmilitarisierung der ehemaligen Kriegsgebiete. Zudem fordern sie die Aufklärung des Verschwindens von etwa 60.000 Tamilinnen und Tamilen, für das die Armee unter Rajapaksa und paramilitärische Gruppen verantwortlich sein sollen.

Doch nicht nur andere Bevölkerungsgruppen, auch liberale Singhalesinnen und Singhalesen sind wegen des Machtwechsels besorgt. ­Gotabaya Rajapaksa war als Offizier bereits in den siebziger und achtziger Jahren an der Niederschlagung von – teils gewaltsamen – Jugendaufständen beteiligt, in deren Folge Zehntausende singhalesische Linksradikale gefoltert wurden oder verschwanden. Auch bis zum Regierungswechsel infolge der Wahlen 2015 gab es regelmäßig Morde an Journalisten und politisch missliebigen Personen, die unaufgeklärt blieben.

Am Donnerstag voriger Woche wurden bereits Anklagen gegen Rajapaksa und weitere Personen wegen Korruption fallengelassen, da er nun Immunität genießt. Im Präsidialsystem Sri Lankas hat er zudem eine große Machtfülle. Zum Wahlsieg verhalf ihm in der Frage der islamistischen Terroranschläge zu Ostern (Jungle World 18/2019) vor allem das Versprechen von Sicherheit. Die Antiterrorkampagne der neuen Regierung könnte sich aber, so befürchten Kritiker, nicht nur gegen Islamisten, sondern auch gegen Oppositionelle und die tamilische und muslimische Minderheit richten.

In nahezu allen Gebieten, in denen vor allem Sri Lankas Minderheiten ­leben, lag Rajapaksas Konkurrent Sajith Premadasa (UNP) haushoch vor dem Gewinner, das reichte aber nicht, um die Stimmen der singhalesischen ­Nationalisten aufzuwiegen. Oppositionelle bündeln nun ihre Kräfte, viele wollen aber wieder verdeckter arbeiten. 

Organisationen der sri-lankischen Diaspora rufen bereits dazu auf, schnell handlungsfähige Exilstrukturen vor­zubereiten.