Das Geschäft mit dem schlafenden Tod

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Alle 20 Minuten explodiert irgendwo auf der Welt eine Landmine. 25 000 Menschen werden jährlich auf diese Weise getötet oder schwer verletzt, seit 1975 über eine Million. 90 Prozent der Opfer sind Zivilisten, mehr als ein Drittel Kinder. Nach UNO-Angaben stellen die im Boden vergrabenen oder im Buschwerk versteckten Anti-Personen-Minen in 64 Ländern eine tödliche Gefahr für etwa 115 Millionen Menschen dar. Wege zu Wasserstellen können nicht benützt, urbar gemachtes Land kann nicht bestellt, Straßen nicht befahren und Brennholz nicht gesammelt werden.

Anti-Personen-Minen richten sich gegen die Zivilbevölkerung und deren Infrastruktur. Als am schlimmsten betroffene Länder gelten zur Zeit Afghanistan, Angola, Kambodscha, Irakisch-Kurdistan, Mosambik, Nicaragua, Somalia sowie große Gebiete des früheren Jugoslawien. Rund zwei Millionen Landminen werden jedes Jahr neu verlegt.

Wer am Minenräumen verdient:

Die Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft mbH (FFG) ist ein Tochterunternehmen des Rüstungskonzerns Diehl GmbH & Co mit Sitz in Nürnberg/Röthenbach. Die Firma wirbt seit Frühjahr 1997 mit einem Satz von Bundesaußenminister Klaus Kinkel, den er auf einer Expertenkonferenz im Dezember 1996 geäußert haben soll: "Es ist höchste Zeit, dem maschinellen Minenräumen zum Durchbruch zu verhelfen." FFG - so die Eigenwerbung - "verfügt über langjährige Erfahrungen im Sonderfahrzeugbau und hat daher ein System zum mechanischen humanitären Minenräumen entwickelt". Die "humanitären" Projekte der FFG nennen sich "Minebreaker 2000" und "Mineclearer 2000", kosten im Doppelpack etwa drei Millionen Mark und wurden im April 1997 einer international interessierten (und kaufkräftigen) Öffentlichkeit - meist Militärs - vorgestellt. Ab Herbst 1997 sollen sie auf Kosten des Auswärtigen Amtes (AA) in Bosnien-Herzegowina erprobt werden.

Der Minebreaker ist ein umgebauter Kampfpanzer vom Typ Leopard I, dem eine hydraulisch angetriebene Fräswalze vorgeschaltet wurde. Allein zwei Millionen Mark hat das AA für 1997 eingeplant, um das schwere Räumgerät der FFG und einen weiteren Bundeswehr-Panzer-Zwilling aus dem Hause Rheinmetall zu protegieren: "RHINO", eine Weiterentwicklung des "Keiler". Sowohl Diehl als auch Rheinmetall zählen zu den wichtigsten Produzenten von Minen und Minenverlegesystemen in Deutschland. Weitere zwei Millionen Mark aus dem AA gehen an Testversuche mit anderem Gerät, Made in Germany.

Die Konkurrenz ist aufgewacht: Die Minenräumfirma Mechem beispielsweise gehört der südafrikanischen Rüstungsfirma Armscor, deren Minen in beinahe jedem Land des südlichen Afrika flächendeckend verteilt sind. Auch die Minenproduzenten Bofors in Schweden und Thomson CSF in Frankreich arbeiten fieberhaft an Minenortungssystemen und Minenräumgerät. Für die Studie eines Ortungsverfahrens für Minen hat die Europäische Union kürzlich 20 Millionen Mark an Dornier vergeben, eine Tochtergesellschaft der Daimler Benz Aerospace (Dasa). Weitere 80 Millionen aus
EU-Töpfen sollen folgen.