47 wird 50

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Die Gruppe 47 gibt es schon so lange nicht mehr (nämlich seit 1968), daß nun auch ungestraft über sie Lügen und Legenden verbreitet werden können. Werner Fuld in der Woche über Hans Werner Richters Literatentreff: "Das Ritual der Lesungen war gefürchtet, aber es hat alle berühmt gemacht: Günter Grass, Paul Celan ..." Schon falsch: Celan mußte nach seiner Lesung 1952 den Spott der Gruppe über sich ergehen lassen (bis hin zu antisemitischen Bemerkungen, auch von Tagungsleiter Richter), berühmt geworden ist er trotz dieser Lesung. Und so ist es nicht wenigen talentierten Schriftstellern ergangen, die sich vor die Truppe wagten: erinnert sei an Konrad Bayer und Ror Wolf.

Daß denen, die dabei sein durften, auch ein "erotisches Leben" beschieden war, behauptet Marcel "Johannestrieb" Ranicki im Spiegel: "Wenn Autorinnen mit ihren Ehemännern anreisten, war das nicht gerne gesehen." Man möchte sich gar nicht vorstellen, was nach den Tagungen alles auf den Zimmern vor sich ging, aber dies ein "erotisches Leben" zu nennen, ist doch bereits mehr als dichterische Freiheit, eher schon eine lieblose Legende.

Dagegen ist Thomas Steinfeld zuzustimmen, der in der FAZ schreibt, die Gruppe 47 werde heute nicht mehr gebraucht: "Es gibt sie schon. Sie ist nur unendlich groß geworden. Es ist der Literaturbetrieb selber." Und Steinfeld, Literaturchef des Leitmediums, ist Richter. Nur unendlich groß. Aber ebenso geschmacklos.