Alisa Fuss

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Als das deutsche Parlament 1993 die Neuregelung des Asylrechts beschlossen hatte, die dessen faktische Abschaffung bedeutete, sollte Bundespräsident Richard von Weizsäcker die Unterschrift verweigern und so die Umsetzung verhindern. Da Weizsäcker am 28. Juni 1993 unterschrieb, gab Alisa Fuss das Bundesverdienstkreuz zurück, das ihr der Trauerarbeiter ein halbes Jahr zuvor an die Brust geopfert hatte. Mit ihrer Forderung, für jeden von Deutschen vertriebenen oder ermordeten Juden einen Flüchtling ins Land zu lassen, stieß sie freilich auch hier auf taube Ohren. 1919 in Berlin geboren, schloß sich Alisa Fuss der zionistischen Jugendbewegung an, als die Nazis an die Macht kamen. Als 16jährige emigrierte sie nach Palästina. Als Lehrerin an einer experimentellen Schule kam sie 1976 in das Land der Täter zurück - und blieb. Seit 1990 stand sie der Internationalen Liga für Menschenrechte vor, der einst Carl von Ossietzky, Kurt Tucholsky und Albert Einstein angehört hatten. Ohne der Bundesrepublik, wie sie sagte, ein "menschenrechtliches Alibi" zu bieten, stand die Jüdin und Emigrantin immer dann in der ersten Reihe, wenn sich im neuen Deutschland das Alte zusammenrottete: Ob nach der Brandstiftung in der jüdischen Baracke 38 in Sachsenhausen oder nach dem Pogrom von Hoyerswerda. Die schwere Erkrankung war Alisa Fuss kaum anzumerken, als sie vor zwei Wochen zu ihren Kindern nach Israel zurückkehrte. Sie starb am 20. November in Tel Aviv.