Zwecklose Unterhaltung

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Die Kritik: "Das Schlimmste war die Idee, meine Partei als Partei der Besserverdienenden zu bezeichnen." (Hans-Dietrich Genscher, FDP-Ehrenvorsitzender) Geschadet habe die "gewollte Verengung auf wirtschafts- und finanzpolitische Einzelforderungen, die nicht in ein Wertesystem gestellt werden". (Gerhard Baum,

Ex-Innenminister, FDP) "Zentrale liberale Positionen wurden vernachlässigt." (Burkhard Hirsch, Bundestagsvizepräsident, FDP) "Einige wenige Führungspersonen" haben die FDP in eine "Existenzkrise" gestürzt. (Der Freiburger Kreis um Sabine Leutheusser-Schnarrenberger)

Die Antwort: "Geseiere", "Der Mist muß endlich aufhören." (Walter Döring, FDP-Chef in Baden-Württemberg) "Nostalgie-Liberalismus" (FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle) "Ich brauche keine Nachhilfe beim Verfechten der Bürgerrechte." (Wolfgang Gerhardt, FDP-Bundesvorsitzender)

Mit ihrem vor dem Dreikönigstreffen ausgebrochenen parteiinternen Streit erhöhte die FDP den Unterhaltungswert der Bonner Politik. Nachdem sich Grüne und SPD auf ihren Parteitagen dem wahlkämpferischen Harmoniegebot gebeugt hatten, eine willkommene Abwechslung. Daß die FDP in Zukunft auch mehr Abwechslung in ihre Politik bringen wird, wie vom Freiburger Kreis gefordert, ist dagegen kaum zu erwarten. Schon bisher taugte sie kaum als Bremse bei der Umsetzung autoritärer Unionspolitik. Auch, weil eine liberale Bürgerrechtspolitik auf wenig Gegenliebe bei der eigenen Basis stößt.

Seit Ende 1995 die FDP-Basis für den Lauschangriff stimmte und daraufhin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Justizministerin zurücktrat, ist die Einflußlosigkeit des linksliberalen Häufleins dokumentiert. Neue Mehrheitsverhältnisse sind nicht in Sicht.

Die FDP ist nervös. Nach der jüngsten Meinungsumfrage von Emnid wollten Ende Dezember nur noch vier Prozent die FDP wählen. Zwar stand die Partei schon früher ähnlich schlecht da. Aber im laufenden Wahlkampf muß die FDP wegen eines Formfehlers ihres Schatzmeisters wahrscheinlich mit einem um 10,5 Millionen Mark geschrumpften Etat auskommen. Auch mit Schützenhilfe aus der CDU kann die FDP bei der Bundestagswahl im September vermutlich nicht rechnen. Diesmal werden Kohl und die CDU kaum signalisieren, daß eine Zweitstimme für die FDP besser sei als das rot-grüne Chaos. Die Union will für eine große Koalition gerüstet sein. Sie braucht jede Stimme selbst, um stärker als die SPD zu werden. Zwar behauptet CDU-Generalsekretär Peter Hintze, eine "große Koalition im Bund kommt für die CDU nicht in Frage", aber das ist Wahltaktik. Inhaltlich sind die Unterschiede ohnehin nicht groß, wie die Zusammenarbeit bei der "Inneren Sicherheit" oder die Angebote von Kohls Wunschnachfolger Schäuble an die SPD in Steuerfragen zeigen. Ein Scheitern der rot-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen wäre ein zusätzliches Signal in diese Richtung.

FDP-Chef Gerhardt will sich von dem Gespenst der großen Koalition nicht schrecken lassen: Je mehr über ein Zusammengehen von Union und SPD geredet werde, desto besser für seine Partei. Ob sein Zweckoptimismus das Überleben der FDP sichert, bleibt abzuwarten. Jedenfalls recht behalten wird sein Parteifreund Döring mit der Feststellung: große Koalition? - "Ohne uns!"