Michael hielt’s Maul

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Als weniger gesprächig erwies sich dagegen der Mann, den Baumanns Bericht am meisten interessiert haben dürfte: Michael Wolf, der damalige Chef der DDR-Auslandsaufklärung, wurde in der vergangenen Woche drei Tage lang ins hessische Gefängnis Weiterstadt gesperrt, um dort das Plaudern zu lernen. Erfolglos: Wolf, der am Montag 75 wurde, lüftete die Identität eines bundesdeutschen Abgeordneten nicht, den er in einem Buch nur unter seinem Decknamen "Julius" genannt hatte. Richter Wolfgang Frank vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat den Verdacht, bei "Julius" könnte es sich um den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Gerhard Fläming handeln, gegen den derzeit in Frankfurt verhandelt wird. Aber anders als Baumann konnte man Wolf auch nie mit dem Kapitalismus schrecken. Im Gegenteil unternahm der Stellvertretende Minister für Staatssicherheit, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, 1978 mit seiner jungen Gattin eigens eine Reise nach Schweden, um dort auf eigene Faust Informationen über kapitalistische Errungenschaften wie "Supermarket" und "Chat Noir Club" zu sammeln. Was aller Konspiration zum Trotz prompt zu seiner Enttarnung führte.