Der Pate von Silicon Valley

Der neue Prozeß gegen Microsoft hat begonnen, und Bill Gates hat wenig Aussicht, zu gewinnen

Schlechte Karten für Bill Gates. Anfang der Woche begann der Prozeß gegen den US-Softwarekonzern Microsoft, nachdem Richter Thomas Penfield Jackson dem Antrag auf eine weitere Verschiebung des Prozesses nicht stattgab. Microsoft wird von der US-Regierung und 20 Bundesstaaten wegen Monopolmißbrauchs verklagt.

Rechtliche Grundlage der Anklage ist der Sherman Act von 1890, ein Gesetz, das nicht Monopole, sondern deren Mißbrauch verbietet. #Microsoft wurden bereits 1994 auf der Grundlage des Sherman Acts angeklagt - und freigesprochen. Was den aktuellen Prozeß von dem früheren unterscheidet, ist vor allem das Ausmaß der Anklage.

Der damalige Prozeß bezog sich auf die Verknüpfung des Internet-Browsers Explorer mit dem Betriebssystem Windows 95; durch die kostenlose Beigabe des Browsers zum Betriebssystem sah sich Netscape, Hersteller des rivalisierenden Browsers Navigator, gefährdet. Im Laufe des Prozesses gestattete Microsoft den PC-Herstellern, den Navigator zusätzlich zu installieren. Das Gericht sah dadurch den Vorwurf des Monopolmißbrauchs entkräftet.

Die Ankläger haben aus dieser Niederlage gelernt. Im aktuellen Prozeß geht es nicht um ein einzelnes Programm oder einen Konkurrenten, sondern generell um die Geschäftsmethoden Microsofts. Der Softwaregigant hat sich schon mehrmals über diese Ausweitung der Anklage beschwert und damit den Prozeß immer wieder verzögert.

Microsoft hat allen Grund zur Sorge. Die bisherigen Unschuldsbeteuerungen sind nur Teil einer Imagekampagne, um Sympathien zu gewinnen. Trotz der Gründung von Gruppen mit Namen wie das "Committee for the Moral Defense of Microsoft" ist es jedoch eher unwahrscheinlich, daß sich Microsoft erfolgreich als Freund und Vertreter des Durchschnittsverbrauchers darstellen kann. Seine Monopolstellung in Sachen Software ist seit Jahren Realität - 90 Prozent aller PCs werden bereits vom Hersteller mit Microsoft Windows ausgerüstet, und in Silicon Valley, Zentrum der US-Computerindustrie, trifft keine Firma eine Entscheidung, ohne an Microsoft zu denken.

Auch die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung drängt den Konzern immer wieder in die Defensive. So gaben die Behörden Teile eines E-mails von Bill Gates frei, in dem er den Untergang Netscapes zu planen schien. Beschlagnahmte interne E-mails und Zeugen der Anklage sprechen von geheimen Treffen, von Drohungen und Bestechungsversuchen gegenüber Konkurrenten und solchen, die es werden könnten - Bill Gates als der neue Pate.

Als Verteidigung gegen diese Vorwürfe fiel Microsoft nichts besseres ein, als zu behaupten, daß solche Praktiken gängig seien. Auch wenn dies stimmen mag, wird ihm diese Strategie nicht viel helfen. Denn in den USA dürfen Konzerne durchaus mit aller Härte gegen Konkurrenten vorgehen. Wenn es sich jedoch um Monopolisten handelt, werden die üblichen Praktiken als Mißbrauch gewertet, da einer der Beteiligten einen unfairen Vorteil gegenüber den übrigen Anbieter besitzt. Microsoft wird sich schwer gegen den Vorwurf des Monopols wehren können. Und von dieser Feststellung zum Beweis des Mißbrauchs ist der Weg nicht weit.

Auch wenn sich Microsoft wider erwarten erfolgreich gegen die Regierung wehren sollte, würde das nicht das Ende von Gates' rechtlichen Problemen bedeuten. Zusätzlich zum Regierungsprozeß sitzt Microsoft nämlich in drei weiteren Verfahren auf der Anklagebank.

So zog die Softwarefirma Caldera bereits 1996 mit der Behauptung, Microsoft habe ihr Betriebssystem vom Markt gedrängt, vor Gericht - eine Einigung ist noch nicht in Sicht. Vor einem Jahr klagte Sun Microsystems, Erfinder der Programmiersprache Java und vor einigen Wochen Softwarehersteller Bristol Technologies den Softwarekonzern wegen Monopolmißbrauchs an.

Im Falle einer Entscheidung in ihrem Sinne hat die US-Regierung bereits angekündigt, daß sie dann noch einmal vor Gericht ziehen werde, um "zusätzliche und dauerhafte Linderung" einzufordern - vermutlich durch eine endgültigen Zerschlagung Microsofts in mehrere kleinere Firmen, wie es zuletzt 1983 mit dem Telekommunikationsriesen AT&T geschah.