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Kommen die serbischen Bomber bis Berlin? Muß die Dresdener Frauenkirche Muß die Dresdener Frauenkirche ein zweites Mal dran glauben? Auch für die Redaktion gilt in diesen Tagen: Nie wieder Blitzkrieg ohne uns! Der Vater aller Dinge erfordert den totalen Arbeitseinsatz.

Das erste Opfer der Nato-Bomben auf Belgrad ist die Hauptstadt: Kein kriegswichtiger Charakter, entscheidet der zuständige Redakteur. Obwohl Berlin eine Fülle von lohnenden Zielen für den aufgeklärten serbischen Piloten von heute bietet, fällt der kleine Ratgeber für das Bombardement aus, es wird publizistische Verdunkelung angeordnet. Dabei harren hier Dutzende von Kulturgütern von nationalem ebenso wie solche von minderem Rang ihrer Einebnung. Hochverrat? Vaterlandsverrat? Geheimnisverrat?

Redakteure kennen plötzlich keine Ressorts mehr, sondern nur noch Anti-Nationalismus. "Wenn der erste Tornado am Boden zerstört ist, müssen die Gläser klingen", schlägt jemand vor.

Im Zimmer nebenan werden weitere Hypothesen diskutiert: "Wenn Scharping Flügel hätte, könnte er Milosevic auf den Kopf scheißen." Deutlich tritt der Widerspruch in der Argumentation der Kriegsgegner zutage: Während der "Bombenhagel der Nato auf Belgrad" abgelehnt wird, befürworten manche eine Intervention von mindestens 300 verurteilten serbischen schwerbewaffneten Schwerverbrechern in Brandenburg, vor allem in Schwedt. Der Geschichtsredakteur will wissen: Sind die Serben womöglich eine Art neue 68er-Bewegung im internationalen Maßstab? Und warum wird in Ostdeutschland so gut wie keine serbische Bohnensuppe mehr gelöffelt?

Menschenverachtende Massaker des diktatorischen Regimes in Belgrad werden nur von einzelnen gebilligt: "We don't need no education", kommentiert ein freier Mitarbeiter, der sich nebenbei mit Sex-Witzchen durchs Leben schlagen muß, die Medienberichte über Erschießungen von albanischen Lehrern vor versammelten Schulklassen.

Andere haben frei, liegen schlicht im Park, während den Serben das Dach auf den Kopf fällt. Seit Kriegsbeginn werden auch die Lebensmittel knapp: Schokolade ist alle, Biere sind nur noch zwei da, von Sprit ist überhaupt nicht mehr die Rede - das war letzte Woche noch anders. Man muß sich ganz schön einschränken, wenn Krieg ist.