Antifa heißt Feiern

Auf nach Hellersdorf

Von Ivo Bozic

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Daß eine gute Fete politischer sein kann und manchmal mehr bewegt als eine öde Latschdemo, ist weder eine neue Erkenntnis der Techno-Politszene noch eine der Diskursrocker aus Hamburg. Die Generation unserer Eltern und Altredakteure kennt noch die Kiff-Ins, Hippieparties und - wer war nicht in Woodstock?

Daß Partys Berge versetzen können, glaubt zwar niemand mehr, doch gerade in manchen Ostkäffern, wo Antifa-Demos wie eine Invasion wirken, sind "linke" Konzerte, Diskos oder Feste eine Alternative zur herrschenden Monokultur der Bomberjackenträger. Sie bieten eine Möglichkeit für Kids, die keinen Bock auf den Nazi-Mainstream haben, Gleichgesinnte zu treffen, zu reden, Mut zu fassen für eine Entwicklung gegen die braune Straßenhegemonie.

Spaß und das Gefühl, nicht allein zu sein, sind mehr Motivation für Engagement als ein gutes Flugblatt. Nur in die richtige Richtung muß dieses Engagement natürlich gehen: Was den einen ihr Woodstock, war den anderen ihr Rostock.

Damit Pogrome nicht das einzige Freizeitangebot bleiben, gibt es die Rock-gegen-Rechts-Konzerte. Am 29. Mai findet in Greifswald, nicht gerade eine Antifa-Hochburg, ein solches Konzert statt (mit Tocotronic, Wahre Schule und Blumfeld). Am selben Tag reiten auch ins OstberlinerHellersdorf die KulturimperialistInnen ein.

Dort beherrschen Nazi-Skins das Straßenbild, rechter Lifestyle ist angesagt. Es gibt zwei neonazistische Kameradschaften, selbst der Verfassungsschutz gibt an, daß sich hier mindestens elf Treffpunkte der militanten Nazi-Szene und 69 Wohnungen von Skinheads befinden.

Ein Bündnis von Jugendprojekten, Antifa-Gruppen und unkommerziellen KonzertveranstalterInnen hat nun mitten in der "national befreiten Zone", am Hellersdorfer Eck, ein großes, buntes und linkes Straßenfest angekündigt. Motto: "Kulturschock?" Internationale Bands spielen Reggae, HipHop, Ska, Punkrock und Folk. Radical Rave besorgt ein Techno-Zelt. The-ater, Kinderbetreuung, Workshops - und das alles umsonst.

Und weil Antifa nicht nur Feiern und Feten heißt, sondern auch Forträge halten, gibt es am Mittwoch vorher ab 19 Uhr im Audimax der Alice-Salomon-Fachhochschule Hellersdorf, eine Informationsveranstaltung zu rechtem Lifestyle, "Sub"-Kultur, rechter Musik und zur Situation in Schulen und Jugendclubs in Hellersdorf.

So, ihr Hellersdorfer! Und Hellersdorferinnen! Ich hoffe, das wird euch eine Lehre sein. Und wenn nicht? Zumindest bleibt dieser Trost: Ein vergleichbares Spektakel von Nazis auf dem Kreuzberger Mariannenplatz ist undenkbar - bisher.