Mouse On Mars

Neue Menschen

Von walt voss

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Mouse On Mars sind so wie du und ich. Neugierig, sympathisch und unspektakulär. Sie haben die gleichen dreieinhalb Bücher gelesen wie du und ich, sie ziehen sich ähnliche Jacken an und haben wahrscheinlich auch ein Faible für irgendwelche Alltagsgegenstände wie Kaffeetassen oder Schallplatten oder Videospiele. Sie machen aber Musik, und für wen der Unterschied hier noch nicht anfängt, für den sei hinzugefügt: ziemlich erfolgreich. Nicht die Whitney Houston-Liga, auch nicht die der Chemical Brothers oder von Westbam, sondern auf dem Level, wo man mit denen, die die Platte kaufen, noch gewisse Grundannahmen teilen kann, wenn man sich auch ab und zu wundert. Also das Level von Erfolg, das du und ich auch gerne hätten, das vor unserem Gewissen Bestand hätte, weil es alles andere als Ausverkauf signalisiert, einen aber trotzdem in der Illusion von Wirksamkeit oder Einfluss wiegen würde. Außerdem werden sie in England hoch gehandelt. Da sind du und ich dann doch ein bisschen neidisch.

Mouse On Mars sind zu zweit und ein wenig versponnen. Sie denken sich für ihre Titel Wörter aus, die es nicht gibt, wie etwa Niun Niggung oder Autoditacker, und danach bedeuten sie auf einmal was. Außerdem ist es natürlich tausend Mal besser, sich Titel auszudenken, die sich auf nichts beziehen, als Bilder zu bemühen, die schon einmal da waren, denn Mouse On Mars machen keine Musik, die an irgendetwas erinnern soll. Ihre Musik funktioniert anders: eher wie ein Dialog mit dem Material.

Mouse On Mars machen weder Songs noch Tracks. Sondern etwas Anderes. Etwas mit offener Struktur, in das sich aber auch mal eine Melodie verirren kann und dann ist sie dort auch richtig. Laufen lassen, gucken, was passiert, und sich dann dazu verhalten. Eher so. Das heisst dann auch, dass eine Platte eigentlich nie fertig ist, sondern nur so etwas wie eine Bestandsaufnahme. Danach geht es weiter. Aber Mouse On Mars sind auch keine Puristen oder Dogmatiker, genauso wenig wie du und ich. Es macht ja auch Spaß, eine Platte zu machen. Deshalb gibt es in schöner Regelmäßigkeit Neues aus ihrem Labor. Und mit dem Material gehen sie dann auf Tour.

Das ist nicht so ganz unproblematisch, denn wer will sich schon auf eine Bühne stellen? Du nicht, ich nicht und Mouse On Mars eigentlich auch nicht. Aber trotzdem ist live spielen wichtig. Vor allem, weil es immer einen Unsicherheitsfaktor einführt. Und darum geht es ja. Laufen lassen und schauen, was passiert. Das System um Unwägbarkeiten erweitern. Allerdings haben Mouse On Mars genau wie du und ich ein Problem mit dem Spektakel. Wegen der dreieinhalb Bücher, aber auch überhaupt. Dazu muss man nur mit offenen Augen durch die Welt spazieren. Macht aber erstmal nichts, denn so lange es keine eindeutige Gegenstrategie gibt, kann es ja auch nicht des Rätsels Lösung sein, zu Hause zu bleiben.

Manche Leute glauben, Mouse On Mars wären niedlich, sympathisch und ihre Musik sehr hübsch und ein bisschen langweilig. Das mag alles sein, trifft aber den Punkt nicht. Sie sind wie du und ich: Sie sind anders.

Mouse On Mars: "Niun Niggung". Sonig (Zomba). Auf Tour: 15.10. Hamburg/Große Freiheit,

17.10. Berlin/Columbia Fritz,

26.10. Münster/Odeon,

9.11. Heidelberg/Karlstor Bahnhof,

10.11. Düsseldorf/TOR 3