Joachim-Ernst Behrendt gestorben

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Gerade wollte Joachim-Ernst Behrendt in Hamburg sein neues Buch »Es gibt keinen Weg. Nur Gehen« vorstellen, da erfasste ihn ein Auto, als er bei Rot eine Straße überquerte. Das Buch handelt von seinen spirituellen Erfahrungen und den Geheimnissen des Lauschens. Den Wagen hörte er nicht. Das Publikum im Zweitausendeins-Laden wartete vergebens. Tragische Pointe eines bewegten Lebens.

Ohne Behrendt hätte sich Jazz in Deutschland wahrscheinlich anders entwickelt. Und da war nicht nur »Das Jazzbuch«, ein früher Vorläufer all dessen, was heute cultural studies genannt wird, das über 1,7 Millionen Exemplare auf der ganzen Welt verkaufte. Mit seiner Mischung aus Do-it-yourself-Autodidaktismus, obsessivem Fantum und so noch nicht da gewesener Materialfülle trug es nicht nur in Deutschland dazu bei, den Jazz irgendwo auf halbem Weg zwischen U- und E-Musik anzusiedeln. Ernst zu nehmen, aber noch lebendig.

Behrendt war auch einer der Gründer des Südwestfunks (SWF), er leitete über 10 000 Radiosendungen, produzierte über 250 Schallplatten, begründete die Berliner Jazztage und das American Folk Blues Festival. Gleichzeitig war Jazz für ihn immer auch ein politisches Statement und damit mehr als nur Musik. Sein Vater, ein Pfarrer, der im KZ ermordet wurde, soll seinem Sohn eingeschärft haben, dass Protestantismus von Protest komme. Der Tenorsaxofonist John Coltrane - mit dem Behrendt befreundet war - regte ihn an, seine Ohren für asiatische, ostafrikanische und lateinamerikanische Musik zu öffnen. Das tat Behrendt auch und verfasste schwer esoterische Bücher wie »Nada Brahma - Die Welt ist Klang« und »Das dritte Ohr«. Joachim-Ernst Behrendt starb am vergangenen Freitag an den Folgen des Unfalls. Er wurde 77 Jahre alt.