Start für den Super-Airbus

Giganten der Lüfte

<none>

Höher, größer, weiter: Nach dem Entschluss, das neue Großraumflugzeug A3XX zu bauen, sind die europäischen Unternehmer auf dem besten Weg, eine gemeinsame Luftfahrtindustrie zu errichten. Bisher hatte der US-Konzern Boeing bei den prestigeträchtigen Riesen-Jets die Nase vorn. Seit über 30 Jahren hat der Jumbo konkurrenzlos dieses Segment beherrscht. Mit dieser Luft-Hoheit ist es vielleicht bald vorbei.

Der neue Super-Airbus ist der Boeing 747 in vielen Bereiche überlegen. Er kann 555 Passagiere über 16 000 Kilometer ohne Zwischenlandung transportieren; ein Ausbau auf bis zu 1 000 Sitze ist möglich. Damit schlägt er den US-Rivalen nicht nur in der Zahl der Plätze, sondern auch bei der Reichweite. Vorteile, die vor allem bei Langstreckenflügen im pazifischen Raum - der Region, wo die meisten Kunden vermutet werden - entscheidend sind. Im Laufe der nächsten 20 Jahre will das Unternehmen mindestens 750 Flugzeuge verkaufen.

Das Projekt wurde erst möglich, nachdem sich die europäischen Firmen auf die Verteilung der einzelnen Produktionsschritte geeinigt hatten. Die A3XX werden in Toulouse zusammengebaut und dann nach Hamburg gebracht. Dort soll die Inneneinrichtung montiert werden und die Lackierung erfolgen. Großbritannien stellt die Flügel her, Spanien unter anderem das Seitenruder. Die Aufteilung war lange Zeit umstritten und galt als größte Hürde auf dem Weg zu einem gemeinsamen Unternehmen.

Die Grundlage für diese Entscheidung wurde bereits im vergangenen Herbst gelegt. Damals fusionierten die deutsche Dasa, die französische Aérospatiale Matra und die spanische Casa vor allem auf Initiative Frankreichs zum gemeinsamen Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtkonzern EADS. Für den Bau des A3XX wurde nun eigens das neue Unternehmen Airbus Integrated Company (AIC) gegründet, das zu 80 Prozent von der EADS und zu 20 Prozent von der britischen BAE kontrolliert wird. Der neue Konzern wird voraussichtlich einen Jahresumsatz von 15,7 Milliarden Euro und rund 38 000 Beschäftigte haben. Etwa ein Viertel des Umsatzes kommt dabei aus dem Bereich Rüstungstechnik.

Die Entstehung des neuen europäischen Luft-Giganten wird insbesondere die EU-Regierungschefs erfreuen. Schließlich hatten diese auf dem Kölner-EU- Gipfel im vergangenen Jahr beschlossen, als Konsequenz aus dem Kosovo-Krieg die militärischen Kapazitäten im Bereich der Luftfahrtindustrie auszubauen (Jungle World, 24/99). Denn eine ähnlich komplexe und leistungsfähige Industrie wie die USA hatten die Europäer bisher nicht aufzuweisen. Der Bau eines gemeinsamen Transportflugzeuges beispielsweise - Voraussetzung für eigenständige EU-Militäreinsätze - schien unter diesen Umständen nur wenig realistisch.

Die Entscheidung der EADS sei ein Meilenstein im industriellen Integrationsprozess in Europa, erklärten daher höchst zufrieden die Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien. Damit sei im Airbus-Konsortium endlich eine klare Führungsstruktur gewährleistet und ein stärkeres Auftreten gegenüber den Nordamerikanern möglich.

Boeing will nun als Antwort seinen alten Jumbo-Jet modernisieren. Eine Neu-Entwicklung hatte der Konzern verworfen: Sie sei zu teuer, die Aussicht auf potenzielle Kunden zu gering. Ein Entschluss, der in naher Zukunft das Ende der US-Hegemonie bedeuten könnte - nicht nur im Bereich der zivilen Luftfahrt.